Filmkritik: Synchronic | Ruben’s Cinematic Universe

Zwei Notfallsanitäter in New Orleans treffen auf eine neue Designerdroge. Klingt spannend? Ist es auch. Größtenteils.

Übersicht

Erscheinungsjahr: 2019
Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead
Drehbuch: Justin Benson
Cast: u. a. Anthony Mackie, Jamie Dornan, Katie Aselton

Inhalt

Steve und Dennis sind Notfallsanitäter in New Orleans. Während es Steve zusehends gesundheitlich nicht gut zu gehen scheint und er sich allein mit seinem Hund, One-Night-Stands und Alkohol über Wasser hält, hat Dennis mit der Entfremdung zu seiner Tochter und seiner Frau zu kämpfen. Plötzlich finden sie bei ihren Einsätzen immer mehr Verletze oder Tote, die alle merkwürdige Wunden oder Todesursachen aufweisen: Stichwunden von altertümlichen Waffen, Schlangenbisse ohne aufzufindende Schlange oder Verbrennungen ohne ein Feuer in der Nähe. Gleichzeitig stoßen sie immer wieder auf die neue Designerdroge „Synchronic“. Was hat es damit auf sich?

Eine spannende Idee …

Die Prämisse von SYNCHRONIC ist zunächst einmal brillant. Und auch die Entscheidung, zwei Notfallsanitäter in den Mittelpunkt zu stellen, erscheint sinnvoll. Damit umgeht der Film klassische Erzählmuster, von beispielsweise ermittelnden Polizist:innen oder Journalist:innen. Statt eines solchen Szenarios wird also die persönliche, private Situation der beiden Protagonisten etwas besser ausgearbeitet und mit der Handlung verbunden. Die dabei zu Tage tretenden Dramen, Steves Gesundheitszustand ebenso wie Dennis’ Familienprobleme, sind später essentieller Bestandteil des Films. Außerdem wird so die Bedrohung durch die Droge präsenter im Film platziert, denn als Notfallsanitäter ist es den beiden Protagonisten vielleicht noch mehr daran gelegen Menschen unmittelbar zu helfen. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, wie sehr sich die beiden Kollegen und Freunde unterscheiden, was auch wichtig für die Rollen- und Aufgabenverteilung im Film wird.

Denn natürlich darf, man kann es sich nach der einleitenden Zusammenfassung schon denken, auch der Teil nicht fehlen, in dem sich mindestens einer der Protagonisten mit dem eventuell bestehenden Zusammenhang zwischen den mysteriösen Verletzungen und der neuen Designerdroge beschäftigt. Bei der Erkundung der Wirkung der Droge kann der Film punkten. Inszenatorisch und erzählerisch sind diese Sequenzen gleichzeitig spannend, aber auch sehr unterhaltsam geraten. Wenn man sieht, was die Menschen sehen, fühlen und erleben, wenn sie die Droge genommen haben, kommt man aus dem gespannten Staunen nicht heraus. Hier kommen auch die bereits erwähnten Elemente aus dem Bereich Horror ins Spiel. Diese sind aber nicht übertrieben oder sollen schockieren, sondern steigern lediglich die Spannung.

Visuell ist das Ganze hervorragend eingefangen. Der Schnitt wird an vielen Stellen wirklich wie ein eigener Erzähler eingesetzt und vermittelt auf einer weiteren Ebene die erzählten Ereignisse und Gefühle. Bei den Effekten sieht man dem Film zwar leider sein geringes Produktionsbudget an, was der Kreativität der Idee und der visuellen Gestaltung aber keinen Abbruch tut. Musikalisch untermalt wird der Film von hypnotischen Sounds, die irgendwo zwischen Weltraum, Computern, Laboren und Träumen hin und her wandeln.

… macht allein noch keinen spannenden Film

Abgesehen von diesen wirklich sehenswerten Aspekten gelingt es dem Regieduo jedoch nicht, aus SYNCHRONIC einen wirklich runden, spannenden oder packenden Film zu machen. Dafür kann der Film sich insgesamt zu wenig entscheiden, was er sein möchte. Für einen abgefahrenen experimentellen Science-Fiction-Streifen fehlt es ihm an einer konsequenteren Durchsetzung und ausgefeilteren Darstellung seines Konzepts. Es tut dem Mysterium um die neue Droge zwar gut, dass man bis zu den Ermittlungen und Versuchen des einen Protagonisten nicht wirklich versteht, wie diese Droge funktioniert oder wie um alles in der Welt diese merkwürdigen Verletzungen und Tode im Zusammenhang mit der Droge entstehen. Dennoch liegt der Fokus des Films viel zu sehr auf den Problemen der Figuren, die für sich genommen erst einmal nichts mit der Droge zu tun haben. Die gezeigten Dramen haben zwar alle ihre emotionale Wirkung, wirken aber im Gesamten des Films ein wenig lahm abgehandelt und manchmal leider auch erzwungen. Außerdem geschieht hier nichts Außergewöhnliches, was man nicht schon in vielen anderen Filmen gesehen hätte. Wirklich spannend wird es immer erst dann, wenn die Droge ins Spiel kommt.

Ähnlich langweilig werden leider die Konflikte erzählt, die im Film entstehen. Diese werden gar nicht richtig spannend aufgebaut, so dass man auch nicht mitfiebert, wenn es dann zu beispielsweise Konfrontationen oder Problemen kommt. Und die zentrale Konfrontation des Films lässt sich ebenso wie ihr Ausgang schon spätestens ab der Mitte des Films vorhersehen. Es ist ein ehrenwerter Versuch, das Konzept und die Idee hinter der Droge im Film eher wie eine Metapher einzusetzen, als eine Triebfeder für die bereits vorhandenen Probleme der Figuren und als Weg und Mittel sich diesen Problemen zu stellen und zu Entscheidungen zu gelangen. Trotzdem bleibt das Potential der Idee über weite Strecken unausgeschöpft und es wird trotz aller behaupteten Dramatik vergessen, eine mitreißende Geschichte zu erzählen. Allerdings kann man dem Film auch zu Gute halten, dass er sich nicht in seinem Konzept und der Prämisse verliert, sondern den Fokus auf die Charaktere legt. Trotz eines abgefahrenen Konzepts bleibt den Zuschauenden so zumindest teilweise eine emotionale Verbindung zu den Geschehnissen auf der Leinwand, wenn man sich mit den Geschichten der Protagonisten verbinden und dadurch ihre Gefühle, Handlungen und Motivationen nachvollziehen kann.

Abgesehen von den Hauptfiguren wirken die anderen Figuren jedoch nur am Rande in die Handlung hineingeschrieben, um entweder Informationen zu vermitteln oder um Stichwortgeber für die Protagonisten zu sein. So taucht eine Figur zum Beispiel nur einmal zum genau richtigen Zeitpunkt auf, um einem der Protagonisten die Droge einfach so zu erklären, und verschwindet dann wieder ohne Erklärung und ohne dass der Auftritt Einfluss auf die Handlung des Films nehmen würde.

Fazit

SYNCHRONIC ist ein kleiner Science-Fiction-Film, der einige Elemente des Horrors und des Dramas miteinander verbindet und der allein schon wegen seiner spannenden Idee, seines einfallsreichen Schnitts und seines hypnotisierenden Scores durchaus sehenswert ist. Er verfrachtet eine interessante Prämisse in ein ungewohntes Setting und kann visuell an vielen Stellen überzeugen. Doch auch wenn man sich anschließend fühlt, als wäre man auf einem Trip gewesen, ist dieser Trip ohne nennenswerte Höhen oder Tiefen verlaufen.

(verfügbar als Video-on-Demand bei u. a. Amazon Prime Video oder Apple TV)


Foto: ©Ruben Schmidt