Filmkritik: Kate | Ruben’s Cinematic Universe

Eine todgeweihte Auftragsmörderin sinnt auf Rache. Doch das klingt schon spannender, als es am Ende ist.

Rache in 24 Stunden

Die Auftragskillerin Kate wird nach einem fehlgeschlagenen Auftrag in Japan tödlich vergiftet. Ihr bleiben 24 Stunden, um denjenigen ausfindig zu machen, der für ihren Tod verantwortlich ist. Als ihr Auftraggeber und Mentor ihr nicht helfen kann, dringt sie in die kriminelle Unterwelt ein, um ihr altes Ziel zu finden. Dieses könnte ihr womöglich bei ihrer Rache behilflich sein.

Einsame Kämpferin

Die Ausgangssituation von KATE erinnert stark an CRANK, in welchem sich Jason Statham durch einen konstant hohen Adrenalinpegel am Leben halten muss. Die Inszenierung der Action will darüber hinaus an JOHN WICK mit Keanu Reeves erinnern. Doch dieses Mal steht eine knallharte Frau im Mittelpunkt, die ordentlich gegen Gangster austeilen darf. Und um es gleich vorwegzunehmen, macht Mary Elizabeth Winstead eine gute Figur als schnippische und brutale Auftragsmörderin, der die Zeit abläuft. Abseits von ihrer Performance kann der Film jedoch weder an das abgedrehte Szenario von CRANK, das für unzählige waghalsige Momente sorgt, noch an perfekte Inszenierung von JOHN WICK heranreichen. Was letzteren meiner Meinung nach so herausragend macht, könnt ihr hier in meiner Filmkritik nachlesen.

Durchschnittliche Action

Da die Handlung ähnlich simpel gestrickt ist wie bei den beiden anderen Filmen, stehen eher die Actionszenen im Vordergrund. Die Kreativität der Choreografien ist allerdings leider schon mit der ersten großen Kampfsequenz ausgeschöpft. Dort beginnt KATE vielsprechend und spannend, wenn sich die titelgebende Kate durch ein weißes japanisches Restaurant metzelt. Dabei malt sie im wahrsten Sinne des Wortes Bilder der Gewalt mit dem Blut ihrer Opfer auf die Wände. Danach folgen jedoch eher generische Kämpfe in Gassen oder die typische Schießerei mit vielen bösen Schergen und noch mehr Schusswaffen beim finalen Kampf. Lediglich ein kleiner Kampf in einer Apartmentküche ist noch etwas interessanter geraten. Zwar nutzt der Film an vielen Stellen das Setting, in dem die jeweiligen Actionszenen stattfinden, teilweise aus. Doch lediglich in den beschriebenen Szenen im Restaurant und der Apartmentküche werden die vorhandenen Bestandteile des Settings entweder mit einer gekonnten Inszenierung oder einer packenden Kampfchoreografie vereint.

Geiselnahme bei Instagram

Doch obwohl KATE mit diesen Merkmalen als durchschnittlicher Actionfilm durchgehen könnte, gibt es einige kleine Störfaktoren, die zusammengenommen das Filmerlebnis schmälern. Der größte Störfaktor des Films dürfte dabei die Einführung einer Figur sein, die bereits kurz am Anfang zu sehen ist. Da ermordet Kate vor ihren Augen den Vater eines jungen Mädchens. Nach Kates Vergiftung soll diese Teenagerin nun Kates Schlüssel sein, um an den Onkel des Mädchens heranzukommen, von dem Kate glaubt, vergiftet worden zu sein. Problematisch ist dabei nicht die Tatsache, dass es sich bei ihr um eine Teenagerin handelt. Viele Filme haben schon mit Bravur gezeigt, dass junge Menschen oder auch Kinder einem Film eine ganz neue Richtung geben oder ihm mehr erzählerische Tiefe verleihen können. So bewies in einem ähnlichen Genre zuletzt unter anderem LOGAN, wie eine junge Figur der Hauptfigur an die Seite gestellt werden kann, um daraus nicht nur neues Konfliktpotential zu generieren, sondern die Charakterisierung der Hauptfigur und die der Nebenfigur organisch weiterzuentwickeln. 

Tatsächlich gibt die Einführung dieser Teenagerin dem Film eine neue Richtung und das, obwohl KATE schon vorher mit einem eigenwilligen visuellen Stil daherkam. Obwohl der Film es gerne so verkaufen würde, kann bei dieser neuen Richtung von Tiefe nicht wirklich die Rede sein. Ständig ist die Teenagerin damit beschäftigt, Fotos mit ihrem Smartphone für Social Media zu machen, irgendwelche popkulturellen Referenzen zu platzieren oder in jugendlichem Slang darauf aufmerksam zu machen, wie „abgefahren“ die Handlung des Films doch gerade doch sei. Und dass alles, obwohl sie gerade als Geisel genommen wurde. Dadurch gerät der Film zu einem merkwürdigen Mix aus Rachethriller, Actionfilm und Komödie für Teenager und baut auch noch eine Metaebene ein, die er bis dahin nicht wirklich gebraucht hat.

Und die Moral von der Geschichte …

Dass die neugewonnene erzählerische Tiefe eine bloße Behauptung bleibt, lässt sich vor allem an der Hauptfigur Kate erkennen. Denn Kate will im Film vor ihrer Vergiftung eigentlich aus dem Geschäft aussteigen und kämpft immer häufiger mit Gewissensbissen bei ihren Aufträgen. Sie möchte vielleicht Kinder haben und dieses anstrengende und brutale Leben hinter sich lassen. Diese Träume für die Zukunft wird sie dank der Vergiftung nun nicht mehr verwirklichen können. Verständlich, dass sie nun in der Zeit, die ihr noch bleibt, auf Rache sinnt. Doch statt es bei dieser einfachen, aber für Zuschauende recht effektiven Motivation zu belassen, zwingt ihr das Drehbuch eine unnötige, heroisierende Geschichte über Erlösung auf, bei der sie schließlich das Richtige tun muss. Den Zuschauenden soll Kates Geschichte wahnsinnig dramatisch vorkommen. Gleichzeitig schießt sie sich immer noch durch haufenweise Menschen und will wenigstens noch Rache üben, bevor sie stirbt. Ein solches Szenario ist aus offensichtlichen Gründen nicht geeignet, um dann noch dramatisch die Frage nach moralisch richtigen oder falschen Entscheidungen einzuwerfen. Die Geschichte der Hauptfigur wurde beispielsweise in JOHN WICK deutlich effizienter geschrieben. John Wicks Motivation ist nach dem Tod seiner Frau und der Ermordung seines Hundes zwar einfach, aber eben auch einfach nachzuvollziehen. Für den Zweck des Films und seiner Fortsetzungen ist keine tiefe Charakterisierung von John Wick nötig. Im Laufe der Filme wird darüber hinaus langsam deutlich, dass John Wick vielleicht einfach von Natur aus ein Killer ist. Reicht so eine simple Ausgangslage nicht, um stylische Actionfilme zu inszenieren?

Audiovisueller Overkill

Einen bereits angesprochenen Style bringt auch KATE mit, irgendwo zwischen knallhartem Realismus und buntem japanischen Cyberpunk. Wo in JOHN WICK jedoch noch ganz dezent mit einzelnen Farben und einem zurückhaltenden, aber atmosphärischen Soundtrack gespielt wird, findet in KATE an manchen Stellen ein regelrechter Overkill mit Farben und lauter japanischer Rockmusik statt. Fans solcher Elemente kommen dadurch bestimmt auf ihre Kosten. Es ist so allerdings auch kein Wunder, dass der erwähnte Kampf im Restaurant zu Beginn aus dem Rest des Films heraussticht.

Fazit

KATE kommt mit einer spannenden Ausgangslage und einer knallharten Hauptdarstellerin daher. Zwar kann der Film mit einer oder zwei interessanten Actionszenen und dem Schauspiel von Mary Elizabeth Winstead punkten, doch insgesamt formen sich die Handlung und die Entwicklung der Charaktere nie zu einem wirklich sehenswerten Film zusammen. Dass dann ein Twist, der schon von Anfang an vorhersehbar ist, den Film auch nicht mehr retten kann, verwundert am Ende nicht.

(verfügbar bei Netflix)

Übersicht

Erscheinungsjahr: 2021
Regie: Cedric Nicolas-Troyan
Drehbuch: Umair Aleem
Cast: u. a. Mary Elizabeth Winstead, Miku Martineau, Woody Harrelson

Trailer


Foto: ©Ruben Schmidt