Filmkritik: Dune | Ruben’s Cinematic Universe

Ein modernes und düsteres Science Fiction Epos! Mehr dazu in dieser Filmkritik.

Inhalt

Spice ist die wertvollste Substanz im gesamten Imperium. Gewonnen wird sie auf dem Wüstenplaneten Arrakis. Nachdem jahrzehntelang Haus Harkonnen über Arrakis mit eiserner Hand geherrscht und ihn ausgebeutet hat, überträgt der Imperator dem Haus Atreides die Kontrolle über den Planeten. Paul, der junge Sohn des Herzogs, wird daraufhin bei der Ankunft auf dem neuen Planeten hineingezogen in eine Welt voller Verschwörung, Verrat, Intrigen und Gewalt, auf dem Weg zu seinem Schicksal.

Klassiker

Schon mehrfach wurde versucht, den vielfach ausgezeichneten Roman von Frank Herbert für die große Leinwand zu adaptieren. Nachdem geplante Adaptionen von Ridley Scott und Alejandro Jodorowsky nie realisiert wurden und die Verfilmung von David Lynch von 1984 inzwischen einen eher augenzwinkernden Kultstatus erreicht hat, versucht sich nun Denis Villeneuve mit DUNE an einer neuen Interpretationen des Science Fiction Klassikers. Der Regisseur und Co-Drehbuchautor hat zuletzt mit starken Filmen wie ARRIVAL oder BLADE RUNNER 2049 bewiesen, dass er moderne, bildgewaltige und doch tiefgründige Science Fiction inszenieren kann. Doch wie kann er nun Erfolg haben, wo selbst Regisseure wie David Lynch mehr oder weniger gescheitert sind, und aus einem meisterhaften Roman einen ebenso meisterhaften Film schaffen?

Moderne

Zunächst einmal ist die Handlung von DUNE eine beinahe zeitlose Erzählung. Sie spielt einige Tausend Jahre in der Zukunft und ist eher eine Dystopie als eine Utopie. Denn die Menschen haben zwar den Weltraum erobert und sind nun auf den verschiedensten Planeten heimisch, doch wirklich verändert haben sie sich dadurch nicht. Die Entwicklung ist dabei nicht unbedingt mit einem Fortschritt einhergegangen. Zum einen herrschen die Mächtigen wieder in einem feudalen System. Einzelne Adelshäuser herrschen mit ihren Armeen über einen Planeten. Nur der Imperator steht über ihnen, der sich ihre Treue jedoch immer wieder aufs Neue sichern muss. Zum anderen leben die Menschen in DUNE in einem posttechnologischen Zeitalter. Ihre Technologie ist zwar der heutigen weit überlegen, doch gerade durch die technischen Entwicklungen kommt es, dass Armeen wieder mit Schwertern gegeneinander kämpfen, da Schusswaffen so gut wie keine Wirkung mehr erzielen. So ist es mit dem Spice auch eine Droge und keine Technologie, welche die Navigation durch die Sterne möglich macht.

Regisseur Denis Villeneuve und seine Co-Drehbuchautoren Eric Roth und Jon Spaihts sind sich jedoch auch bewusst, dass die Thematiken, die sich unter der Oberfläche dieser Geschichte verbergen, auch nach fast 60 Jahren (leider) immer noch nichts an ihrer Aktualität eingebüßt haben oder sogar aktueller sind denn je. Denn die Welt von DUNE ist dominiert durch Machtkämpfe zwischen dem Imperator und den Häusern. Letztere können zwar mächtig sein, doch sollte der Imperator entscheiden sich ihrer zu entledigen, so hätten sie dem nicht viel entgegenzusetzen. Ursprünglich als Verarbeitung des Kalten Krieges gedacht, ist die Bedrohung durch Nuklearwaffen durch den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine heute erschreckend aktuell.

Die Machtkämpfe weiten sich in DUNE aber selbstverständlich auch auf die wichtigsten Rohstoffe aus. Abhängigkeit ist in diesem Fall das erneut aktuelle Stichwort. Wer über den Wüstenplaneten Arrakis herrscht, kontrolliert mit dem Spice die wertvollste Substanz im gesamten Imperium. Doch wer die Kontrolle über den Planeten erlangen und behalten möchte, muss in der Gunst des Imperators stehen. Der Wüstenplanet und die einheimischen Fremen werden dabei imperialistisch unterdrückt, bekämpft und ausgebeutet. Ebenfalls präsent sind beinahe religiöse Fanatiker:innen, die Prophezeiungen huldigen, Menschen auf den verschiedensten Planeten beeinflussen und letztendlich doch nur ihrem eigenen Machterhalt dienen. Kann es wirklich einen Messias geben oder ist er nur ein Konstrukt, welches den Unterdrückten Hoffnung und den Mächtigen noch mehr Macht verleihen soll?

Ensemble

Bei einer so bedeutungsschweren Geschichte, entsprechend aufgeladenen Szenen und etwas unnahbaren Figuren ist es für die Schauspieler:innen keine leichte Aufgabe, letzteren glaubhaft Leben einzuhauchen. Dennoch gelingt es dem Aufgebot an Stars, diese Aufgabe zu meistern. Timothée Chalamet spielt den jungen Paul Atreides auf eine zurückhaltende Art. Es ist die Art eines Jungen, der fähig und mächtig, aber auch noch unerfahren und überfordert mit der Verantwortung und den Erlebnissen ist. Als er erfährt, dass er womöglich ein Messias sein soll, den einige religiöse Anhänger:innen oder die einheimischen Fremen als ihren zukünftigen Herrscher oder ihren Erlöser suchen, wird seine Welt auf den Kopf gestellt. Kann Paul Atreides überhaupt dieser Messias sein und will er es überhaupt? Oder muss er sich einfach seinem Schicksal fügen, wenn er überleben will?

Das Haus Atreides ist mit Oscar Isaac als Herzog Leto Atreides und Rebecca Ferguson als Lady Jessica, sowie Josh Brolin und Jason Momoa als Heerführer und Waffenmeister weiterhin durchweg stark besetzt. Obwohl sein Herzog jünger als der von Josh Brolin gespielte Heerführer zu sein scheint, schafft es Oscar Isaac, seiner Figur die nötige Lebenserfahrung, sein Wissen, eine gewisse Weisheit und seine Macht und Autorität ins Gesicht zu spielen, die ihm den Respekt und die Treue des wortkargen Älteren verschafft. Jason Momoa fügt seiner Figur neben der physischen Präsenz auch noch eine gehörige Portion humorvolles Charisma hinzu, das den Film an einigen wenigen Stellen angemessen auflockert. Die von Rebecca Ferguson gespielte Lady Jessica stammt aus dem mächtigen Frauenorden religiöser Fanatikerinnen, der im Geheimen die Fäden hinter dem Imperator zu ziehen scheint und der ebenfalls an den Messias glaubt oder ihn sogar herbeiführen will. Dieser Orden ist so mysteriös und mächtig wie es Lady Jessica ist und doch schafft es Rebecca Ferguson, auch eine gewisse Verletzlichkeit und die enge Bindung zu ihrem Sohn zu zeigen, die ihre Loyalität zu dem Orden und damit auch ihre Identität in Frage stellen.

Die von Zendaya und Javier Bardem verkörperten Fremen sind in nur wenigen Szenen zu sehen, erschaffen mit ihren vom Spice blau gefärbten Augen jedoch schnell eine mysteriöse Aura um sich herum. Beeindruckend sind auch die von Dave Bautista und Stellan Skarsgård gespielten Oberhäupter des Hauses Harkonnen. Sie stellen ihre bleiche Haut und kahlen Schädel in schwarzen Gewändern und dunklen Gebäuden zur Schau. Dabei hinterlässt vor allem Stellan Skarsgård Eindruck, der sich als überdimensional fettleibiger Mann nur mit technischer Hilfe schwebend fortbewegen kann und der mit tiefer Stimme einen riesigen (Macht-) Hunger und kaum Skrupel beweist.

Wüste

Eine weitere wichtige Figur in diesem Film ist DUNE, der Wüstenplanet selbst. Im Laufe des Films wird immer mehr über diese lebensfeindliche Welt mit ihren Stürmen, Felsen, Wüsten und anderen Gefahren gezeigt und doch nur an der Oberfläche gekratzt. Schnell wird deutlich, dass nicht nur Menschen untereinander eine Bedrohung darstellen, sondern auch die Welt, auf der sie wandeln. Die sengende Hitze, die mörderischen Stürme und die gigantischen Sandwürmer machen Arrakis zu einer eigentlich lebensfeindlichen Umgebung. Und doch ist der Planet eine Welt voller Leben. Die Fremen haben Wege gefunden zu überleben, ebenso wie die Sandwürmer und andere versteckte Tiere und Pflanzen. Sie haben sich angepasst und leben mit den Gegebenheiten des Planeten, statt ihn wie die imperialistischen Eindringlinge auszubeuten.

Als passend erweist sich die Konstruktion der Geschichte rund um die Übernahme des Wüstenplaneten durch Haus Atreides. Zu Beginn ist noch dessen Heimatplanet Caladan mit seinen Hügeln, Wiesen und Seen zu bestaunen, ehe es das Haus und die Zuschauenden nach Arrakis verschlägt. Dadurch wird das Haus Atreides noch mehr zum Identifikationspunkt für die Zuschauenden, welche nun die bedeutende Übernahme von Arrakis und die damit verbundene Anpassung in der neuen Welt ein Stück weit nachvollziehen können. In der ersten Hälfte des Films kommt es zwar immer wieder zu Exposition, also dem einleitenden und erklärenden Vermitteln von Informationen über die Welt, in der sich der Film nun abspielt. Solche Szenen und Informationen können, gerade wenn sie in einem zähen Dialog abgehandelt werden, unter Umständen einen Film bremsen oder den Zuschauenden zu sehr auf die Nase binden, dass sie gerade einen Film schauen. Mit Blick auf die Vorlage dürfte dieser Aspekt eine besondere Herausforderung dargestellt haben. Denn der Roman ist eine mystische und philosophische Reflexion in Form von Dialogen und inneren Monologen, die sich im Film schwer darstellen lassen. Außerdem werden bis ins kleinste Detail technische Geräte und das alltägliche Leben beschrieben. Der Film findet jedoch häufig passende Momente, in denen den Zuschauenden die Welt von DUNE ein wenig näher gebracht wird, ohne direkt alles erklären zu müssen. Die Übernahme von Arrakis durch Haus Atreides erweist sich auch dort als geschickter Ausgangspunkt. Zum einen ist dieser Akt eine Machtverschiebung im Imperium, der viele Akteur:innen auf den Plan ruft. Zum anderen erfordert es der Umzug, dass sich zum Beispiel Paul Atreides auf seine neue Heimat vorbereitet und sich Informationen darüber ansieht. Es überrascht an anderer Stelle dann auch nicht, dass ihm sein weitaus erfahrener Vater erst einmal die weitreichende politische Bedeutung dieses Umzugs vor Augen führt. Und was die Vermittlung der technischen Entwicklungen angeht, so verlässt sich Regisseur Denis Villeneuve ganz auf seine detaillierte Inszenierung.

Kunst

Die Inszenierung kann auf ein bemerkenswertes Zusammenspiel der unterschiedlichsten kreativen und technischen Departments zurückgreifen. Die Sets, die Kostüme und die Effekte erwecken DUNE zum Leben. Zwar spielt der Film hauptsächlich auf dem titelgebenden Wüstenplaneten, nichtsdestotrotz bekommen die Zuschauenden auch den bereits erwähnten Planeten Caladan, sowie unter anderem auch den Heimatplaneten des Hauses Harkonnen Giedi Prime zu sehen. Die Planeten sehen alle einzigartig aus und auch das Design der Kostüme macht es möglich, die einzelnen Fraktionen stets auseinanderhalten zu können. Die Raumschiffe sind dabei ebenso schlicht und funktionsgebunden wie die Gebäude, sehen aber dennoch echt, futuristisch und beeindruckend aus. Besonders imposant sind natürlich der Wüstenplanet Arrakis und dessen majestätische Sandwürmer. Die Kombination aus praktischen und digitalen Effekten und der virtuosen Kameraarbeit von Greig Fraser, der ein Gespür für kleine und große Bilder hat, erschaffen einen Sog in diese Welt. Ähnliche Motive oder Kameraeinstellungen an unterschiedlichen Orten verdeutlichen den Lebenswandel für Haus Atreides. Landschaftsaufnahmen aus großer Höhe oder aus der Nähe des Bodens vermitteln ein Gefühl für die Weite und die Beschaffenheit des Planeten. Am Ende des Films nicht vergessen, den Sand aus der Kleidung zu schütteln!

Die Musik von Hans Zimmer ist bei DUNE, anders als bei vielen anderen Filmen dieser Größenordnung, nicht an erkennbaren musikalischen Themen für die einzelnen Orte oder Figuren interessiert. Natürlich werden bestimmte Klänge mit bestimmten Elementen verbunden. Dennoch sind es in den meisten Fällen eher einzelne Klänge oder ganze Klangwände aus wenigen Instrumenten, die dem Film eine reduzierte, aber epische Untermalung geben. Zu der im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Blockbustern ungewöhnlichen Musik gesellt sich dann ein ebenso ungewöhnlicher Schnitt. Dieser ist nämlich nicht auf die Musik abgestimmt, sondern führt auch ganz ohne Musik in dem richtigen Tempo von einer Einstellung zur nächsten.

Fazit

DUNE ist ein düsteres, atmosphärisches Science Fiction Epos, das durch seine fantasiereiche Welt, seine mystische Geschichte und die meisterhafte Inszenierung beeindrucken kann. Da es sich hierbei allerdings auch nur um Part One handelt, bleibt abzuwarten, ob es Denis Villeneuve gelingen wird, die zweite Hälfte des Romans von Frank Herbert in ähnlicher Weise auf die Leinwand zu zaubern und dabei die Geschichte mit ihren Themen und Motiven weiterzuentwickeln.

(verfügbar als Video-on-Demand bei u. a. Amazon Prime oder Apple TV und im Stream bei Sky Ticket)

Übersicht

Erscheinungsjahr: 2021
Regie: Denis Villeneuve
Drehbuch: Denis Villeneuve, Eric Roth, Jon Spaihts
Cast: u. a. Timothée Chalamet, Rebecca Ferguson, Oscar Isaac

Trailer


Der Film läuft am Dienstag, den 19. April um 19 Uhr im Unikino in HS 2 im Original mit englischen Untertiteln.
Der Einlass beginnt um 18:30 Uhr. Es gilt die Maskenpflicht.

Der Autor dieser Kritik ist Teil des Unikinos.
Weitere Informationen und das Programm für das Sommersemester unter Unikino – AStA Universität Lüneburg.


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Foto: ©Ruben Schmidt