Von moosumrankten Klüften bis hinauf in eisige Höhen. Mount Eerie bringen mit „Clear Moon“ ein Album raus, dass so klingt als würde Bon Iver nach Norwegen ziehen und mit den Black-Metal-Pionieren von Ulver gemeinsame Sache machen.
Du wachst in einer Holzhütte auf und es riecht nach Harz und du hörst die Regentropfen der vergangenen Nacht, die von den Nadeln der Fichten auf den Waldboden tropfen. Und du erhebst dich von deinem rustikalen Schlafplatz dort in dieser Hütte und kochst dir mit einer angelaufenen Kanne einen Espresso auf einer Feuerstelle und schaust in die geschnitzten Sonnenvorhänge, die sich durch das Geäst fressen und die verharzten Rinden der Bäume zum funkeln bringen. Mit deiner Kaffeetasse gehst du barfuß über Zweige und Blätter, hinab zu einem Plateau und schaust hinunter ins Tal.
Und dort erblickst du zwischen den Nebelschwaden, die sich überschlagen und sich selbst geisterhaft durchdringen, einige schattenhafte und konturlose Gestalten, die wie in Zeitlupe um die Bäume schleichen. Und du könntest schwören, dass sie tintenschwarze Äxte dabei haben und sich langsam auf den Hügel zubewegen, von dem aus du ins finstere Tal schaust.
Vorbei ist es mit der Bon Iver-Idylle. Willkommen auf dem Mount Eerie. So heißt die Band und ihr neues Album ist mit „Clear Moon“ betitelt und es ist gut geworden. Irgendwo zwischen Akustik-Gitarre und moderner Elektronika schwebt die Stimme von Phil Elverum. Natürlich und warm klingende Synthesizer bilden ein angenehmes Hintergrundrauschen. Mit wem könnte man die Musik am besten vergleichen? Vielleicht mit einigen Stücken der norwegischen Band „Ulver“ und wenn man sich dann Phil’s Nachnamen anschaut, einige Buchstaben verdreht, dann scheint das fast schon ein schlechter Witz zu sein. Aber es passt. Ebenso wie die Norweger zimmert Elverum hier ein gewaltiges Spektrum atmosphärischer Stimmungen zusammen. Gitarren werden verdoppelt und überlagern sich, tauchen aus pechschwarzen Ecken auf und versiegen wieder im herbstlichen Wind, flattern davon, begleitet vom organischen, teilweise orchestralen Schlagzeug.
Irrwischartig dröhnt es im Hintergrund und die angedeuteten Melodien entstehen hinter den Augen des Hörers. Dabei werden Erinnerungen an die ruhigen Passagen der Black-Metal Pioniere „Wolves in the Throne Room“ wach. Ebenso wie der Einsatz einer sphärischen Frauenstimme, die sich letztendlich im Song „Over Dark Water“ in einem dämonischen Crescendo verliert. Überhaupt ist es ein sehr verwurzeltes und bodenständiges Album, welches trotz seiner beklemmenden Atmosphäre beinahe schon eingängig ist.
Ein Soundtrack für die Rückkehr zur Natur. Vielleicht auch zur eigenen Natur. Ein Album, welches Geduld braucht um zu wachsen und sich vollständig zu entfalten. Empfehlenswert!
Hörproben:
> Song „Through the Trees“
> Song „The Place I Live“
Autor: Matthias Jessen