Erasmus – hin und weg Teil 3

Ich packe meinen Koffer … nach meinem Auslandssemester in Barcelona. Nach fünf Monaten Barcelona geht es für mich zurück nach Lüneburg. Ich tausche die mediterrane Frühlingssonne wieder gegen kalte Regentage und unbeschwerte Partynächte gegen lange Abende in der Bibliothek. Ohje! Aber ich würde lügen, wenn ich mich nicht auch freuen würde: Sangría kann ich nicht mehr sehen – hmm, endlich wieder leckeres Astra! Und ich freue mich auch wieder auf meine Lüneburger Freunde und meine WG – endlich wieder kakerlakenfrei wohnen!

Packt man seine Koffer nach einer so langen Zeit in der Ferne, sammelt sich so manches an. Ich stoße auf einige Erinnerungsstücke:

Reiseführer inklusive Zettelsammlung
Mein Reiseführer ist mittlerweile auf das Dreifache seines Umfangs gewachsen. Öffne ich ihn, fallen unzählige Visiten- und Postkarten, Restaurantrechnungen und Stadtpläne heraus. Sie erinnern mich an Partynächte und Calamarisbrötchen in Madrid, Strandbesuche in Sitges und Orientierungsverlust in Tarragona.

Oh, da ist ja auch mein Los der staatlichen Weihnachtslotterie! Bis heute weiß ich nicht, was die abergläubischen Spanier an diesem Glücksspiel so fasziniert. Jedenfalls stehen sie stundenlang dafür an. Da ich am Ende der kilometerlangen Schlange in Madrid mindestens eine Autogrammstunde mit Enrique Iglesias oder einen Multimillionär in Spendierlaune erwartete, zwang ich meine Begleitung in die Wartereihe. Nur, um am Ende ein Los für 20 Euro kaufen zu müssen, mit dem ich natürlich nicht gewann.

Flasche spanisches Olivenöl
In Barcelona kommt Olivenöl statt Butter aufs Brot. Auch jede Tapas-Mahlzeit schwimmt regelrecht darin. Die spanischen Kleinigkeiten werden zwar von konservativen Barcelonern schief angeguckt, ich ziehe sie trotzdem der katalanischen Bohnensuppe mit Blutwurststückchen vor. Hauptsächlich will ich zuhause natürlich mit meinen neu erworbenen spanischen, chilenischen, französischen und australischen Kochkünsten angeben. Obwohl, letztere mute ich wohl lieber keinem meiner Freunde zu … Kürbispizza, uah!

Caga tió, der “Katalanische Kackstamm“ (jaa, ich weiß)
Von meinem Miniatur-Bäumchen kann ich mich nun wirklich nicht trennen. Immerhin hat mich diese bizarre Figur die gesamte Advents- und Weihnachtszeit begleitet. Unsere Katalanischlehrerin stellte uns diese skatologische Tradition [wer kennt sie nicht: die Fäkalwissenschaft] vor. Das Stück Baumstamm – das natürlich auch noch zwei Beine, ein lächelndes Gesicht und einen roten Mantel trägt – kackt am Weihnachtsabend die Geschenke für liebe Kinder. Lieb heißt hier, dass der caga tió ordentlich mit einem Knüppel verprügelt und singend zur Notdurft aufgefordert wird. Nein, das habe ich mir nicht ausgedacht!

Meine Katalonien-Flagge
Erst schmückte die Fahne meine leere Zimmerwand, in den letzten Wochen haben viele meiner Freunde ihr Autogramm darauf hinterlassen. Meine französische Freundin Sophie hat sogar einen grinsenden Esel – das katalanische Pendant zum spanischen Stier – neben ihre Unterschrift gezeichnet. Ein katalanischer Kommilitone schenkte mir die Fahne, als der FC Barça im November gegen Erzfeind Real Madrid das aufregendste Fußballspiel der Saison 5:0 gewann. Mit dem Rest Barcelonas und einer, urplötzlich tierisch an spanischem Fußball interessierten Erasmusstudierendengruppe feierten wir auf der Straße in WM-ähnlicher Stimmung.

Ich bekomme meinen Koffer endlich (gewaltsam) zu und freue mich schon darauf, beim Auspacken meinen Freunden von vielen weiteren aufregenden Erlebnissen meines Erasmussemesters zu erzählen.

Von Kristin Koepke