Das erste Semester – eine Bilanz

Das Wintersemester ist vorbei. Für uns Erstsemester bedeutet das zum einen, dass wir unseren Ersti-Status ablegen können, zum anderen ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. Was bedeutet studieren für uns eigentlich? Stimmt das Klischee vom bis nachmittags schlafenden, immerzu am Hungertuch nagenden, hippen Studenten, der trotz allem die Nächte durchfeiert und dabei womöglich noch Betäubungsmittel konsumiert?

Spongebob is life / (C) imgur - Flecktarn92
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Viele von uns kommen direkt von der Schule, wenn auch häufig mit einem Jahr Pause zwischen Schule und Studienbeginn. Auf den Pausenhöfen waren wir die Großen, diejenigen, die nach 12 oder 13 Jahren Schule nur so vor Erfahrung strotzten und sowieso alles im Griff hatten. Die Welt, sie stand uns offen. Und dann kam häufig der Umzug, die erste eigene Wohnung, die erste WG, bevor das Semester begann. An dieser Stelle kommen wir sicherlich zu einer ersten, von vielen schmerzlich wahrgenommen Erfahrung des Studiums: Alleine, das heißt ohne Mama und Papa zu wohnen, hat zwar durchaus seine Vorteile, aber wer konnte schon damit rechnen, wie schnell sich der Kühlschrank leert? Und wenn man sich dann aufgerappelt hat, um etwas Essbares zu besorgen, dann kommt schon die nächste, vorher völlig unterschätzte Hürde: Es kostet wirklich ALLES Geld. Und schon denken wir wehleidig an die Zeit, als wir uns mit dem bisschen Taschengeld, das wir vorher von unseren Eltern (manchmal auch von Oma) abgestaubt haben, neue Kleidung kaufen konnten, ohne uns Gedanken über die nächste Pesto-Mahlzeit oder die letzte Rolle Klopapier zu machen.

Zusätzlich zu diesen Lebenserfahrungen, die natürlich jeder einmal machen muss, kommt natürlich noch die Uni dazu. Teils jahrelang wurde dieser Schritt geplant, wurden Studiengänge recherchiert, Entscheidungen getroffen und dann wieder verworfen. Doch dann, wenn die ersten Tage des Studiums bevorstehen, dann werden die großen, selbstsicheren Abiturienten zu kleinlauten Erstklässlern. Etliche Fragen schwirrten durch unsere Köpfe. Der eine oder andere mag bei dem, was uns bevorstand, bereits ans Scheitern gedacht haben: Stundenplan? Credit Points? Module? Leuphana Semester? Ja, es war so vieles so anders als in der Schule und wir bemerkten, dass wir irgendwie jahrelang von oben bis unten mit vorgekauten Stunden- und Lehrplänen  verhätschelt und bemuttert wurden. Vielleicht beginnt von nun an ja wirklich das „richtige“ Leben, von dem wir doch alle zumindest mal etwas gehört hatten. Festzuhalten gilt jedenfalls, dass gleich zu Beginn unseres ersten Semesters, und von nun an wohl weiterhin, die Selbstständigkeit diejenige Erfahrung aber auch Herausforderung ist, mit der wir anscheinend doch nicht so vertraut waren. Denn letztendlich zeigt insbesondere das erste Semester, dass wir für uns selbst verantwortlich sind. In einem Hörsaal mit 250 Menschen interessiert es den Professor ganz vorne schlicht herzlich wenig, ob nun ein Student mehr oder weniger vor ihm sitzt.

Es gibt wohl noch viele weitere Veränderungen, deren Erwähnung den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Zum Beispiel die erste Klausurenphase, die uns nachvollziehen ließ, dass die Semesterferien zu Recht vorlesungsfreie Zeit und nicht Ferien genannt werden. Oder das wissenschaftliche Arbeiten – vorbei sind die Zeiten von Wikipedia und Co.. Oder die Erkenntnis, dass zumindest für Leuphana-Erstis der Jubelschrei „Nie wieder Mathe!“ nach dem Abi sich leider nicht bewahrheitete. Dafür aber die Partys und das Ausschlafen auch unter der Woche.

Doch was war die größte Umstellung für uns ehemalige Erstis, welche neuen Erfahrungen haben wir gesammelt? Univativ hat zwei von uns getroffen. Van Nguyen (19), die von Bad Bodenteich nach Lüneburg gezogen ist, sagt deutlich, dass sich für sie hinsichtlich ihrer Wohnsituation nicht ganz so viel geändert habe, da sie noch häufig nach Bad Bodenteich pendele. „Aber ich habe gelernt, Geld mehr zu schätzen“. Gleichzeitig betont sie die Veränderung der Lernsituation: „Man muss sich vor allem an die Umstellung auf Präsenz- und Selbstlernzeit gewöhnen, besonders als KuWi.“
Jana K. (19) beeindruckt hinsichtlich des Unialltags besonders, dass es so viele verschiedene Typen von Menschen gibt und jeder einfach seine Gruppe finde, in der er oder sie sich wohlfühlt. Auf die Frage, was für sie die größte Umstellung war, fällt aber auch ihr als erstes die Selbstständigkeit ein: „Durch das Studium und die erste eigene Wohnung machen wir einen großen Schritt in Richtung Selbstständigkeit. Ich finde es super, dass ich mir jetzt alles einteilen kann, wie ich möchte. Das ist ganz anders als Schule.“ Aber dass das leider auch Nachteile birgt, hat Jana ebenfalls schon gemerkt und fügt lachend hinzu: „Putzen ist scheiße!“ Und: „Ich habe festgestellt, dass Vor- und Nachbereiten echt ganz sinnvoll ist. Ganz nach dem typischen Studentenvorsatz wird im zweiten Semester bei mir natürlich alles anders und besser.“

Autorin: Franziska Krämer