Correctiv - Kein Filter für Rechts - (c) Correctiv

Correctiv: Kein Filter für Rechts

Wie die rechte Szene Instagram benutzt, um junge Menschen zu rekrutieren.


Eine datenbasierte Recherche von CORRECTIV zeigt in einer vierteiligen Serie, wie Rechte und Rechtsextreme die Ästhetik und die Schwachstellen des Algorithmus von Instagram benutzen, um junge Menschen schleichend in rechtsextreme Kreise zu ziehen. Harmlose Hashtags, Bilder von Frauen im traditionellen Trachtenlook sind oft der Einstieg, um rechte Botschaften auf Instagram zu verbreiten und Unterstützer zu gewinnen.

Instagram hat die subtilen Strategien offenbar nicht im Blick. Das Unternehmen löschte ein Bild mit einem extremistischen und auf der Plattform verbotenen Symbol erst, als es von CORRECTIV darauf hingewiesen wurde. Eine Sprecherin von Instagram wies zudem darauf hin, dass es „hilfreich“ wäre, wenn CORRECTIV weitere Inhalte dieser Art mitteilen könnte.

Ein Team von Reporterinnen und Datenexperten hat über mehrere Monate tausende Instagram-Accounts nach rechten Inhalten gefiltert und analysiert, mit Insidern gesprochen und deckt die subtilen Strategien von rechten und rechtsextreme Gruppen auf, mit denen sie junge Unterstützer gewinnen wollen. Es gebe Workshops innerhalb der Szene, in denen es darum gehe: „Wie macht man Bilder? Wie soll das aussehen? Was ist verboten?“, sagt eine Aussteigerin aus der rechten Szene gegenüber CORRECTIV.

Lifestyle, Musik, Mode, schnelle Clips und schöne Bilder machen Instagram für Millionen vor allem junger Menschen attraktiv. In Deutschland nutzt die Hälfte der 14 bis 29-Jährigen die Seite laut einer Studie täglich. Die rechten Netzwerke haben verstanden, welche Wirkung diese Plattform haben kann, um junge Unterstützer zu gewinnen, die von harten rechten Botschaften vielleicht abgestoßen wären. Sie sollen „jung, agil, attraktiv“ wirken, sagt der Fotograf Vadim Derksen, der für die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative Bilder für Instagram produziert. Er spricht CORRECTIV gegenüber offen über die Strategien für Instagram: „Wir sind noch ganz am Anfang“.

Die CORRECTIV-Recherche zeigt, dass Frauen dabei eine Schlüsselrolle einnehmen, weil sie nach außen als weniger aggressiv wahrgenommen würden. „Die Mädels sind dann mehr für das schöne Bild verantwortlich“, sagt die Aussteigerin. Aus den mehr als 4.500 Accounts, die CORRECTIV in verschiedene Gruppen kategorisieren konnte, zeigt sich, dass Frauen entscheidende Verbindungsfunktionen für die rechte Szene auf Instagram haben.

Hashtags und Emojis sind ein wichtiger Bestandteil der Strategie. Influencerinnen mischen harmlose Hashtags mit rechten Sprachcodes und Symbolen. Herzen in den Farben der Reichsflagge oder Runenzeichen in den Biografien der Nutzer sind häufig benutzte Codes der Szene auf Instagram. Die Recherche zeigt zudem, dass Sportevents, Rap-Musik oder Kleidungsmarken mit Bezug zur rechten Szene aktiv auf Instagram beworben werden, um junge Leute an sich zu binden, erst online, später auch offline.

Die zu Facebook gehörende Plattform Instagram verhindert die dokumentierte Kommunikation nicht. „Ich kann garantieren, dass sich niemand bei Facebook, zumindest nicht in der Tiefe, angeschaut hat, wie deutsche rechtsextreme Accounts und Symbole erkannt oder bekämpft werden können“, sagt Gregor Hochmuth, einer der ersten Entwickler von Instagram.

In einer Stellungnahme wies ein Sprecher von Facebook darauf hin, dass der Konzern „Personen und Gruppen, die sich an organisiertem Hass und organisierter Gewalt beteiligen“ verbiete und „Inhalte von unserer Plattform, wenn sie diese Gruppen verherrlichen, unterstützen oder vertreten“, lösche. In diesem Jahr seien bisher über 1,2 Millionen Inhalte, „die im Zusammenhang mit gefährlichen Organisationen stehen, von Instagram entfernt“ worden.

CORRECTIV veröffentlicht heute den ersten Text der vierteiligen Serie über die Strategien der rechten Szene auf Instagram. Die weiteren Teile der datenbasierten Recherche werden bis zum 14.10. erscheinen.

Mehr unter: https://www.keinfilterfuerrechts.de


Quelle: Mit Material von Correctiv. – Foto: Correctiv
Die Univativ arbeitet mit Correctiv, dem gemeinnützigen Recherche Kollektiv zusammen im Projekt #Warumwählstdu?