Über die Lust am scharfen Essen. Nicht nur der Kuh wird in Indien eine besondere Bedeutung zugesprochen, auch das Chili ist ein sehr charakteristisches Merkmal für das Land – mit dem Unterschied, dass der Verzehr von Rindfleisch untersagt und der des Chilis geradezu unerlässlich ist. Indien und andere asiatische Länder sind Vorreiter im Würzen von Speisen mit Scharfmachern wie Chili, Peperoni, Cayennepfeffer und Ingwer. Doch auch in Deutschland ist der Trend zum scharfen Essen zu beobachten. Doch was ist der Auslöser des Schärfeempfindens? Und warum wird überhaupt scharf gegessen?
In der Natur dienen die Stoffe, die das Schärfeempfinden auslösen, sogenannte Capsaicinoide, einigen Pflanzen als Abwehrmechanismus gegen Fressfeinde. Vielen Menschen in wärmeren Gebieten der Erde dient das Essen scharfer Speisen als Abkühlung der Körpertemperatur, da die Reizung bestimmter Rezeptoren dazu führt, dass ein Schärfegefühl entsteht. Dieses Empfinden ist gleichzeitig ein Hitzesensor, löst Hitzewallungen aus und führt dadurch zur Senkung der Körpertemperatur. Scharfes Essen führt jedoch nicht nur zu einer Temperaturabsenkung, es erhöht auch das Geschmacksempfinden. Durch die Reizung der Rezeptoren werden diese und die angrenzenden Geschmacksnerven besser durchblutet. Durch diese Sensibilisierung können die grundsätzlichen Geschmacksrichtungen wie süß, sauer, salzig und bitter besser wahrgenommen werden.
Stephan Stoltenberg, Besitzer des neuen Currywurstladens „Lüne Curry“ am Sande, ist ein Spezialist für scharfe Gerichte – vor allem für scharfe Currywürste. Seinem Empfinden nach löst Schärfe eine Art Glückgefühl aus. Dieses Glücksgefühl spürten seine Kunden schon beim ersten Bissen: die hausgemachte, fruchtig-scharfe Currysauce sei für Jedermann etwas, so Stefan Stoltenberg. Sie sei weder zu scharf noch zu lasch und wer’s noch etwas schärfer mag, der bekommt eine Extraportion Curry-Jaipur-Pulver dazu. Die Würste werden zudem nicht in Fett gebadet, sondern ganz fettarm auf Flammen gegrillt. „Bildungslücke Currywurst“ heißt das Motto. Denn fast niemand wisse heutzutage eine gute Currywurst zu schätzen. Aus diesem Grund legt Stephan Stoltenberg Wert auf qualitativ hochwertige Spezialitäten und möchte damit Lüne Curry zu dem Currywurstladen Lüneburgs machen. Dass dabei Schärfe und Currywurst Hand in Hand gehen, ist klar. Das wusste schon Herta Heuwer, die 1949 auf dem Stuttgarter Platz in Berlin erstmalig eine Wurst mit einer selbstkreierten, scharfen Sauce aus Tomatenmark, Currypulver und Worcestershiresauce verkauft haben soll. Das Erwärmen der Sauce verstärkt das Schärfeempfinden und führt zu einem noch intensiveren Geschmackserlebnis.
Die Intensität der Schärfe kann auf einer Skala abgelesen werden – der sogenannten „Scoville-Skala“. Die Werte reichen von Null bis 16 Millionen. Sie geben die Menge an Wasser in Milliliter an, die benötigt wird, um einen Milliliter des jeweiligen schärfeverursachenden Stoffes zu neutralisieren. Peperoni haben beispielsweise 500 bis 1500 Scoville-Einheiten, Tabasco hingegen 50000.
Scharfes Essen führt im Endeffekt also dazu, dass Geschmäcker besser wahrgenommen werden können und dadurch die Lust am Essen erhöht wird. Ganz nebenbei kann dadurch der Bluthochdruck gesenkt und die Verdauung gefördert werden. Manche sagen sogar, scharfes Essen wirke durch die Ausschüttung von Endorphinen aphrodisierend …
Von Birte Hensen