Auf nach Århus!

Ein Städtetrip zu unseren dänischen Nachbarn.
Prüfungen überstanden – Zeit für einen Urlaub. Also Koffer gepackt, mit dem Europaspezialticket in Hamburg in die Bahn gestiegen und dann ca. 350 km Richtung Norden nach Ǻrhus, der zweitgrößten Stadt Dänemarks an der jütländischen Ostseeküste.

Nach knapp fünf Stunden erstaunlich problemloser Fahrt steigen wir am Hauptbahnhof aus. Bereits beim Bummel durch die Einkaufsmeile, der „strøget“, erfasst uns die entspannte und kreative Atmosphäre der Stadt. Zahlreiche Schaufenster laden überall zum Staunen und Kaufen ein. Obwohl mit 270 000 Einwohnern auf den ersten Blick nicht gerade eine Metropole, strahlt Århus eine große Lebendigkeit aus. Was nicht zuletzt an den vielen jungen Leuten liegt – jeder fünfte Einwohner ist hier Student. Wohl nicht umsonst gilt die Stadt als kulturelles und wirtschaftliches Zentrum Jütlands und als Gegenpol zur Hauptstadt Kopenhagen. Die Lage direkt am Meer, der große Containerhafen und ein Flüsschen, das als eine Art Fleet mitten durch die Stadt fließt, schaffen ein maritimes Flair und erinnern uns irgendwie an Hamburg.

Gerade wer sich für skandinavische Mode und Dekoartikel interessiert, für den bietet die Århuser Fußgängerzone praktisch unbegrenzte Möglichkeiten. Dabei sollte man die Kaufhäuser Magasin und Sinnerup auf keinen Fall verpassen. In Letzterem erstreckt sich über drei Etagen eine überwältigende Auswahl an Kissen, Decken, Vasen, Bade- und Küchenutensilien, Möbeln usw. – alles in typisch dänischem Design. Übrigens bezahlen die Dänen weiterhin in Kronen und ein gewisses Talent zum Kopfrechnen ist deshalb auf jeden Fall von Vorteil (1 € entspricht ca. 7 DK). Auf der anderen Seite gibt es kaum Sprachprobleme, weil man mit Englisch eigentlich überall gut weiterkommt.

Das sehr verlockende Warengebot setzt sich in dem direkt am Marktplatz gelegenen, alternativ angehauchten Szeneviertel Latinerkvater fort. Musikläden, kreative Mode, Design, Stoff- und Bastelgeschäfte reihen sich hier in gemütlichen Gassen aneinander und sowohl tagsüber als auch nachts ist eigentlich immer etwas los. Einige kreative Leute mit ungewöhnlichen Geschäftsideen haben sich mit einem kleinen Laden selbstständig gemacht. Zum Beispiel „Box de Luxe“, ein Raum vollgestopft mit farbenfrohen Taschen, Kästen und anderen Dingen, die in irgendeiner Weise als Aufbewahrungsmittel dienen können.

Ähnlich groß ist die Dichte an Pubs, Restaurants und Cafés. Auf der Suche nach etwas Essbarem wird man im Latinerkvater schnell fündig. Ein bisschen schade ist, dass nicht nur alkoholische Getränke, sondern auch Restaurantbesuche allgemein wegen der hohen Mehrwertsteuer in Dänemark nicht ganz billig sind. Außerdem bewegen sich die einzelnen Lokalitäten im Viertel in ziemlich unterschiedlichen Preislagen. Deshalb lohnt es sich sehr, vorher genauer auf die Karte zu schauen. Für ein leckeres Essen oder einen Kaffee zu erschwinglichen Preisen kann zum Beispiel ins „Jorden“ in der Badstuegade gehen oder in ein Café in der Studsgade mit dem poetischen Namen „Drudenfuss“.

Natürlich gibt es in der Stadt nicht nur interessante Läden und Cafés, sondern auch sonst einiges zu erkunden. Die vielleicht schönste Sehenswürdigkeit von Århus ist das Freilichtmuseum „Den Gamle By“. Nur ein paar Minuten von der Innenstadt entfernt sind über siebzig originale, historische Gebäude aus verschiedenen Gegenden Dänemarks sozusagen als Stadt in der Stadt wiederaufgebaut. Hier kann man eintauchen in eine Welt, in der alte Handwerkstraditionen und das Alltagsgeschehen früherer Jahrhunderte wieder aufleben. Verschiedene Werkstätten, wie die des Tischlers oder des Hutmachers, sind so originalgetreu wiederhergerichtet, dass man das Gefühl hat, deren Besitzer hätte nur für ein paar Minuten den Raum verlassen. Um die Zeitreise noch echter erscheinen zu lassen, „leben und arbeiten“ in einigen Straßen und Häusern Menschen in historischen Kostümen. Wunderschön ist auch das Spielzeugmuseum, in dem aufwendig gestaltete Puppenhäuser und Tiere, Blechschiffe und Karussells zeigen, wie Kinder vor mehr als hundert Jahren ihre Freizeit verbracht haben.

Wieder zurück in der Gegenwart hat man vom Rathausturm einen schönen Ausblick über die Stadt und das Hafengebiet, das praktisch direkt an das Zentrum anschließt. Auf jeden Fall auch sehr empfehlenswert ist das ARos Kunstmuseum, dass erst 2004 eröffnet wurde. In dem architektonisch beeindruckenden Gebäude findet man vor allem skandinavische, aber auch internationale Künstler vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, wie z.B. eine umfangreiche Sammlung des Dänen Per Kirkeby und natürlich Sonderausstellungen. Ein Publikumsmagnet des Museums ist das Werk „Boy“ von Ron Mueck, einer fünf Meter hohen phantastisch realistischen Skulptur eines hockenden Jungen.

Da Ǻrhus insgesamt nicht besonders groß ist, verlässt man auch zu Fuß relativ schnell das zentrale Stadtgebiet. Auf der Suche nach einem laut Reiseführer nicht weit entfernt liegenden Strand im Norden der Stadt entdecken wir nebenbei weitere nette Kleinigkeiten. Zum Beispiel gibt es in der Knudrisgade ein Haus, dessen Fassade als Ausstellungsfläche für eine kuriose Kachelsammlung mit Motiven aus zahlreichen Urlaubsländern dient. Außerdem liegt auf unserem Weg das weitläufige, an einem Hang gelegene Parkgelände „Riis Skov“, von dem aus man einen wunderschönen Blick über Hafengelände und Ostsee hat. Dabei treffen wir auf zahlreiche Joggergruppen mit und ohne Kinderwagen, die den Park als Treffpunkt und Naherholungsgebiet nutzen. Und schließlich wird unser Ausflug tatsächlich mit einem zwar etwas klein geratenen, dafür aber echten Sandstrand belohnt.

Vor jeder Städtetour ist man auf der Suche nach einer möglichst günstigen, aber trotzdem vertretbaren Unterkunft. Wegen der attraktiv klingenden Preise hatten wir uns für das „Cab inn Ǻrhus Hotel“ entschieden, nachdem wir bei der Recherche sowohl zufriedene als auch eher mäßig begeisterte Erfahrungsberichte gelesen hatten. Im Laufe der Tage werden eigentlich alle unsere Erwartungen bestätigt: Das Hotelpersonal ist sehr freundlich, das Zimmer mit knapp bemessener Duschecke nett und zweckmäßig eingerichtet, allerdings etwas reparaturbedürftig und unsere Nachbarn nicht zu überhören – insgesamt aber zu empfehlen.

Wofür leider keine Zeit mehr geblieben ist: das Frauenmuseum, das von Reiseführern ausdrücklich empfohlen wird, das Unigelände, ein Ausflug nach Ebeltoft, dem „schönsten Dorf Dänemarks“, die königliche Sommerresidenz, das Wikingermuseum, der Besuch weiterer sehr gemütlich aussehender Kneipen und Restaurants… Selbst nach vier Tagen haben wir also noch längst nicht alles von Ǻrhus gesehen. Dafür sind wir vom lebendigen und sympathischen Charakter dieser Stadt beeindruckt. Beim Kofferschleppen zum Bahnhof kommen wehmütige Gefühle auf und der Gedanke: Hej hej Ǻrhus – und bis zum nächsten Mal!
Infobox:
Meine gesammelten Århus-Tipps

Zum Weggehen und Essen:
– Café Jorden, Badstuegade 5 – gemütliches Café und Restaurant mit leckeren Gerichten
– Tir Na Nog, Frederiksgade 40 – Irish-Pub mit Livemusik am Wochenende
– Jeremy Brøds, Mejlgade 17 – kleine Bio-Bäckerei mit sehr empfehlenswerten Brötchen und Gebäck

Accessoires und Selberbasteln:
Für Leute, die gerne kreativ sind und individuelle Kleinigkeiten mögen, ist das Latinerkvater wirklich ein Paradies. Am besten schlendert man einfach durch die Straßen und lässt sich inspirieren. Zum Beispiel bei:

– Panduro Hobby, Badstuegade 5-7, www.panduro.dk – Bastelgeschäft mit sehr großer Auswahl an Geschenkpapier, Karten und Perlen in skandinavischem Design
– Skumhuset, Badstuegade 1 – Stoffladen mit großem Angebot
– Box de Lux, Graven 24, www.boxdelux.dk – kleiner Laden mit witzigen Taschen und anderen originellen Behältern

Julia Emmel