Auf ein Marmeladenglas mit… Barbara Dammann und Angelika Schliemann.

Jeder kennt sie: Barbara Dammann und Angelika Schliemann – von hungrigen Student*innen liebevoll „die Mensadamen“ genannt. Woche für Woche kochen und verteilen sie Frühstück, Mittagessen und Abendbrot in der Lüneburger Mensa. Jetzt haben sie sich den Fragen des Jar of Truths gestellt – dem Marmeladenglas der Wahrheit. Wobei…

Blicken für uns auch nach der Arbeit in den Topf: Die Mensadamen Barbara Dammann (l.) und Angelika Schliemann (r.) stellen sich zu zweit unseren Fragen / Foto: Patrizia Jäger

Barbara: Das ist kein Marmeladenglas, sondern ein Einweck-Glas! Obst, Gurken, Bohnen, sowas ist da damals drin gewesen! Das könnt ihr aber nicht wissen, dafür seid ihr zu jung.

Diese Damen sind eindeutig vom Fach. Also dann: auf ein Einwegglas mit Barbara Dammann und Angelika Schliemann.

Univativ: Wollt ihr euch vielleicht kurz vorstellen und ein bisschen von euch erzählen?

Barbara: Ich heiße Barbara Dammann und bin als Semesterkraft hier in der Firma. Ich arbeite vier Stunden am Tag das Semester über. In den Semesterferien habe ich frei. Das mache ich jetzt schon seit 29 Jahren und fühle mich sehr wohl hier.

Angelika: Ich heiße Angelika Schliemann, bin seit 27 Jahren hier und arbeite das ganze Jahr über acht Stunden als Vollzeitkraft, morgens in der Produktion, mittags an der Kasse.

Barbara: So lange kennen wir uns schon!

Angelika: Wir sind zusammen alt geworden!

Univativ: Und wie seid ihr an die Leuphana gekommen?

Barbara: Ich bin durch die Mutter meiner Schwägerin dazu gekommen, die hier gearbeitet hat. Die brauchten hier noch jemanden und sie hat mich gefragt, ob ich mich nicht vorstellen möchte. Da hat Herr Nuschenpickel, (damaliger Leiter der Mensa, Anm. der Red.) gleich  gesagt: Kannst morgen anfangen! So bin ich dazu gekommen. Ins kalte Wasser rein.

Angelika: Ich habe hier schon zwei Mal angefangen, das erste Mal über das Arbeitsamt. Drei Jahre, dann habe ich aufgehört, weil ich mich damals selbstständig gemacht habe mit meinem ersten Mann. Nach fünf Jahren habe ich mich hier wieder beworben und bekam dann ein Vierteljahr später den Anruf vom Chef: Ich könne anfangen. Damals gab es noch keine Uni in Lüneburg, sondern eine Pädagogische Hochschule.

Das „Marmeladenglas der Wahrheit“, wie es die Univativ-Redaktion liebevoll getauft hat, hat es sich zum Ziel gesetzt, euch regelmäßig Persönlichkeiten rund um Leuphanien vorzustellen.
Hierfür beantwortet der*die Interviewte eine bestimmte Anzahl von Fragen aus den Rubriken Privat, Beruf und Random, die er oder sie selbst zieht. Ein Teil der Fragen ist dabei eher unkonventionell – aber lest selbst. / Foto: Lena Schöning

Univativ: Okay. Dann fangen wir an.

Barbara: Man muss ja nicht alles beantworten, oder? Wenn es zu privat ist?

Angelika: Also ich würde nicht sagen: Je oller desto doller! (beide lachen)

Univativ: Erste Frage: Welche Superkraft hättet ihr gerne?

Barbara: Das weiß ich gar nicht. Eigentlich bin ich mit meinem Leben so zufrieden. Vielleicht Wünsche erfüllen können. Ja, sowas würde ich gerne machen…

Angelika: Oh. Die kleine Fee. Ich möchte die Kraft haben, andere Menschen gesund zu machen, das reicht!

Univativ: Das klingt auch schön! Nächste Frage: Welche Ratschläge möchten Sie der Welt geben?

Barbara: Ach du gütiger Himmel, ihr habt vielleicht Fragen!

Angelika: Frieden! Lasst die Frauen an die Front, dann wird es auch keinen Krieg geben!

Barbara: Wir haben eine Frau an der Front!

Angelika: Ach doch nicht die Merkel, die ist doch keine Frau. (lacht)

Barbara: Na also bitte, denk mal daran was die schon alles geschaffen hat.

Angelika: Aber nicht alleine! Lasst die Mütter mal nach vorne, dann wird es auch keinen Krieg geben! Die würden hundertprozentig ihre Kinder nicht in den Krieg schicken.

Barbara: Das stimmt. Ich würde auch gerne mal an die Regierung und mal so Einiges ändern, was ich persönlich nicht so gut finde. Auch wenn ich nicht weiß, ob mein Weg besser wäre.

Angelika: Wir kommen schließlich aus dem Otto-Normalverbrauch. Wer  wirklich Bescheid wusste,  war Norbert Blüm, damals Arbeits- und Finanzminister. Der hat gesagt: Eure Renten sind sicher. Er hat ein Handwerk gelernt und auf dem Bau gearbeitet. Der wusste genau, wie es uns Arbeitern geht. Hat aber leider auch nichts ausrichten können.

Univativ: Warum braucht Sie die Leuphana?

Angelika: Damit wir euch ernähren können!

Barbara: Ihr müsst ja auch groß und stark werden! Und es macht ja auch Spaß, hier zu arbeiten.

Univativ: Hätten Sie lieber Füße als Hände oder andersrum?

Angelika: Also manchmal gerne mehr Füße, um wegzulaufen.

Univativ: Weglaufen?  Wohin?

Angelika: Weg, in den Wald. Ruhe haben.

Barbara: Und manchmal mehr Hände. So wie jetzt, die beiden Tage an denen wir hier in der Biomensa alleine gearbeitet haben. Gestern zum Beispiel hätte man sechs Hände haben können…

Angelika: …und acht Füße!

Barbara: Im Großen und Ganzen ist es aber so okay.  Das sieht ja auch blöd aus mit mehr Händen.

Angelika: Das musst du ja auch koordinieren können. Man ist es ja gar nicht gewohnt.

Univativ: Was waren Ihre Leuphana-Momente?

Angelika: Mit der Leuphana haben wir eigentlich gar nichts zu tun. Wir kriegen wenig mit. Den neuen Bau habe ich grade mal von Weitem gesehen. In die Bibliothek müsste ich vielleicht mal rein, aber da würde ich nicht rauskommen, weil ich eine Leseratte bin. Habe auch selber eine eigene Bibliothek. Was mich interessieren würde, wären mal ein paar Seminare.

Barbara: Genau, so eine Vorlesung würde mich auch mal interessieren. Und ich würde gerne mal das neue Audimax sehen.

Angelika: Ne, ich nicht.

Barbara: Ich schon. Ich habe das im Fernsehen gesehen. Da ist ja keine einzige Wand gerade. Alles schief und krumm, sieht aus wie so ein Schiff. Aber interessieren würde mich das. Ich bin ein offener Mensch.

Univativ: Gibt es trotzdem bestimmte Dozent*innen oder Professor*innen, deren Vorlesungen ihr gerne besuchen würdet?

Angelika: Herrn Spoun möchte ich mal erleben. Der soll ja gut reden können.

Barbara: Früher, als wir noch am alten Campus im Wilschenbrucher Weg  gearbeitet haben, gab es  viele Dozenten, die ich kannte. Von denen, die jetzt zum Essen kommen, kennen wir fast keinen mehr. Wen ich damals ganz gerne mochte war der Herr Donner, der Vorgänger von Herrn Spoun.

Angelika: Professor Ziegenspeck mochte ich auch immer ganz gerne. Er war Professor für Erlebnispädagogik. Das bedeutet, dass die nicht ganz so braven Kinder in ein Dorf nach Sibirien kommen. Da mussten sie sich um einen Bauernhof kümmern, hatten einen Betreuer und mussten fast ein Dreivierteljahr alles machen, auch Tiere schlachten. Viele von denen sind nicht mehr rückfällig geworden! Heute werden sie stattdessen in den Urlaub nach Mallorca oder Australien geschickt.

Univativ: Welche Tiersprache würden Sie gerne sprechen?

Barbara: Das ist ja witzig, was würde ich denn gerne sprechen? Ich mag gerne Affen! Mit denen würde ich mich gerne unterhalten, das sind ja sehr intelligente Tiere. Vielleicht auch Hundesprache, ich habe selbst einen Hund, mit dem würde ich mich auch gerne unterhalten.

Angelika: Da musst du aber vorsichtig sein, wer weiß, was der über dich sagt… (lacht)

Barbara: Der kann nur Gutes sagen, so gut wie der das bei uns hat.

Angelika: Bei mir sind es nur die Delphine, die mag ich sehr. Obwohl die mir auch manchmal leid tun. Die lachen und haben manchmal nichts zum Lachen. Sind sehr intelligent und hilfsbereit.

Barbara: Das sind ja auch Therapeutentiere.

Angelika: Das sind ja alle Tiere. Können auch Katzen oder Hunde sein. Auch Schildkröten, ich hatte selbst auch mal eine.

Univativ: Welches Mensaessen würden Sie lieber nicht essen?

Barbara: Ich probiere zumindest alles. Wenn ich in der Ausgabe bin, probiere ich manchmal einen kleinen Löffel Soße. Wenn sie dann fragen, ob es schmeckt sage ich „Mir schmeckt es“ und dann verlassen sie sich darauf.

Angelika: Vor 20 Jahren gab es das erste Mal Bioessen. Als ich den Tofu probierte, habe ich gleich an Radiergummi gedacht. Wie damals bei den Malstiften. Bei Langeweile hast du darauf rumgekaut. Ich glaube das haben damals fast alle Kinder gemacht und genauso hat der Tofu geschmeckt. Es hat sich verbessert, aber für mich nicht. Muss ich nicht haben, genauso wie Soja.

Barbara: Ich mag diese Falafel nicht. Die sind mir zu trocken.

Angelika: Da ist unsere persönliche Meinung, heißt ja nicht, dass es allgemein nicht lecker ist.

Univativ: Kocht ihr auch selber mit?

Barbara: Also ich nicht. Ich komme erst um 11 zur Essensausgabe.

Angelika: Ich schon, bei mir war es heute beispielsweise die Paprikaschote, die ich gemacht habe. Ich koche nicht mehr so viel wie früher. Ich habe 17 Jahre lang die Abendmensa gemacht. Da habe ich zwei oder drei Essen gekocht und die dann abends verkauft. Jetzt bin ich seit ungefähr acht Jahren an der Tagesschicht und habe auch noch eine ganze Zeit lang mitgekocht, aber ich werde auch nicht jünger. Es ist nicht so, dass ich nicht mehr kann, aber es wird einfach schwerer. Ich bin ganz froh, wenn ich mir das aussuchen kann.

Barbara: Damals war es auch leichter zu kochen und das Essen war abwechslungsreicher. Heute ist das wegen der Allergenvorschrift stark eingeschränkt.

Angelika: Früher hast du dir keinen Kopf wegen der Allergene gemacht. Die mit ganz schweren Allergien haben uns das von vornherein gesagt, was sie dürfen und was nicht. Aber die hast du dann mit der Zeit gekannt. Dann kamen immer mehr Leute, die gefragt haben. Heute sind es sehr viele mit Allergenen, ich weiß gar nicht, wo das herkommt. Auch wenn Allergien natürlich gefährlich sein können.

Barbara: Aber ich finde, dass es in der letzten Zeit weniger geworden ist.

Angelika: Oder die Studenten haben gelernt zu lesen (lesen).

Univativ: Wie viel Essen gebt ihr denn so pro Tag aus?

Barbara: Unterschiedlich. Vielleicht zwischen dreihundert und fünfhundert. Dafür, dass die Biomensa nur eine Ergänzung ist, ist das schon ganz schön. Und wir machen ja alles selbst, laufen viel hin und her, holen Wasser und reinigen. Trotzdem macht es Spaß.

Univativ: Was steht bei euch nach Feierabend noch an?

Angelika: Ich werde noch schnell einkaufen und Zuhause Kaffee trinken.

Barbara: Ich fahre mit meinem Sohn einen Kühlschrank kaufen, dann gehe ich mit dem Hund spazieren, dann muss ich Essen machen, dann kommt  mein Mann nach Hause, dann dusche ich und dann ist für mich Feierabend. Und einen Kuchen muss ich noch backen.

Univativ: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führten Marvin Meyer und Sina Sommerfeld.

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