Theo ist einer der vier neuen AStA-Sprecher*innen an der Leuphana und seit August 2024 im Amt. In unserem Interview spricht er über seine eigenen Erfahrungen als Studierender an der Leuphana, und gibt einen Einblick in seinen neuen Alltag.
Was sollte mensch* wissen, was nicht offensichtlich ist?
Okay, das ist jetzt ein random Side-Fact, aber ich war mal Hirte. Nach der Schule habe ich einen Freiwilligendienst gemacht und war ein halbes Jahr in Spanien. Dort bin ich dann etwa einen Monat als Hirte mitgelaufen.
Ungewöhnlich, aber cool! Und wie würdest du dich normalerweise vorstellen?
Ich bin Theo (er/ihm), komme jetzt ins siebte Semester und studiere Global Environmental and Sustainability Studies (GESS) und im Minor Psychology and Society. Seit drei Jahren bin ich jetzt in Lüneburg und an der Leuphana. Im letzten Semester war ich im Auslandssemester in Chile und bin jetzt seit ungefähr einem halben Jahr wieder zurück.
Warst du schon vor deinem jetzigen Amt als AStA-Sprecher hochschulpolitisch oder ehrenamtlich aktiv?
Ja, ich habe im ersten und zweiten Semester angefangen, mich ein wenig ranzutasten in der Fachschaft. Ein Jahr später bin ich dann recht plötzlich über Kontakte in die Hochschulpolitik reingedriftet, indem ich in der Zentralen Studienkommission (ZSK) war. Da habe ich die Hauptphase der Änderung der Rahmenprüfungsordnung miterlebt. Das hat einerseits riesigen Spaß gemacht, anderseits war es auch eine große Herausforderung, weil es für mich das erste Mal war, dass ich in ein gewähltes und hochschulpolitisches Amt übernommen habe. Besonders spannend war dabei, dass ich für die Studierendenschaft und vor allem für meine Fakultät mit repräsentativ sprechen durfte.
Wie hast du die RPO-Phase in Erinnerung? Wie würdest du die Zeit rückblickend beschreiben?
Es war unglaublich zu sehen, wie viele Studierende sich in dem Zeitraum engagiert haben. Zumindest aus meiner Sicht war es auch das einzige Mal, dass ich eine große Demonstration bei uns auf dem Campus beobachtet habe. Das wir das geschafft haben, war sehr eindrucksvoll, weil so viele Menschen zusammengekommen sind.
Persönlich war es auch anstrengend. Es war viel Arbeit, aber dadurch, dass es auch so viele Menschen gab, war die Last weitestgehend auf vielen Schultern verteilt.
Mit dem Resultat bin ich nicht so zufrieden – so wie die meisten, die den Prozess miterlebt haben. Grundsätzlich war es aber schön zu sehen, dass wir als Studierendenschaft so geschlossen auftreten können, wenn es drauf ankommt, und dass wir unsere Interessen vertreten können. Es hat zwar nicht alles geklappt, so wie wir uns das gewünscht hatten, aber gleichzeitig ist der Prozess auch auf keinen Fall abgeschlossen. Jetzt geht es eher darum, wie diese Änderungen umgesetzt werden und evaluiert wird, was genau dort passiert. Das heißt für mich: Wir sollten im Blick behalten, wie es weiter geht, denn das Thema ist noch nicht final abgeschlossen. Dafür ist es aber auch nicht mehr so arbeitsintensiv wie zuvor.
Dafür hast du direkt ein neues sehr arbeitsintensives Amt übernommen. Wie bist du darauf gekommen, dich als AStA-Sprecher zu bewerben?
In dem Jahr, als ich in der ZSK war, hatte ich auch Kontakt mit den damaligen AStA-Sprecher*innen und auch im letzten Kollektiv vor uns war ich mit den Menschen teilweise befreundet. Dadurch habe ich mitbekommen, was die Arbeit der AStA-Sprecher*innen ausmacht. Dann habe ich ein bisschen mit der Idee geliebäugelt und festgestellt, dass das schon was für mich wäre.
Nachdem ich dann aus Chile wiedergekommen bin, war ich noch eine längere Zeit beim Klima-Entscheid aktiv. Dann habe ich gesehen, dass diese Stelle frei ist. Nach längeren Gesprächen mit den alt AStA-Sprecher*innen über ihr vergangenes Jahr, was für Erfahrungen sie gemacht haben und was für sie wertschätzend war, habe ich gesehen, dass sie privat sehr viel mitgenommen haben und gleichzeitig auch für die Studierendenschaft enorm viel beigetragen haben. Für mich kam dann die Motivation daraus, dass ich dachte: „Okay, ich war jetzt drei Jahre in Lüneburg und ich würde es voll schön finden, wenn ich der Studierendenschaft und der Uni auch wieder etwas zurückgebe, nachdem ich hier eine wirklich tolle Studienzeit hatte.“. Ich will anderen Studierenden das gleiche ermöglichen, was dann die Motivation hinter meiner Bewerbung war.
Wie ich mitbekommen habe, habt ihr im Team schon eine Art Arbeitsaufteilung festgelegt. Kannst du ein Update geben, wie das bisher funktioniert und habt ihr euch bereits gut eingespielt?
Im ersten Monat haben wir eine tolle Einarbeitung durch die Alt-Sprecher*innen erhalten. Da waren wir viel zu acht zusammen und haben uns ausgetauscht. Seit August sind wir selbstständig im Amt. Aktuell geht es sehr viel um die Vorbereitung für die Startwoche der Erstsemesterstudierenden, aber auch um die Vorbereitung für das kommende Semester – das ist gerade das Hauptprojekt. Gleichzeitig läuft aber auch vieles nebenbei. Ich bin für das Thema Semesterticket zuständig, weil das ab diesem Semester digital verfügbar ist und es die neue Leuphana-App gibt. Das ist ein längerer Prozess, bis alles läuft, aber es befindet sich auf der Zielgeraden.
Es steht vor allem die Opening-Week vor der Tür! Was für To-Do’s stehen bei dir auf der Liste und gibt es Programmpunkte, auf die du dich jetzt schon besonders freust?
Insbesondere für die Ersti-Party bin ich und sind wir als Kollektiv zuständig. Das wird sehr spannend, weil ich vorher noch nie Eventplanung gemacht habe und es sehr aufregend ist, das jetzt zu lernen. Das bringt bisher aber auch viel Spaß und ist deswegen auch mein Highlight, auf das ich mich sehr freue. Wir haben außerdem ein cooles Motto: „All Human All Night“, weil wir gern den menschlichen Aspekt hervorheben wollen, wenn es um das Thema Intelligenz und KI in der kommenden Startwoche geht. Der Trend Richtung KI ist nett und schön, aber wir finden das es immer noch am wichtigsten ist an einer Universität, dass Studierende im Fokus stehen. Wir möchten den Fokus auf uns selbst und auf uns Menschen legen und was wir beisteuern können. Deswegen geht es besonders am Abend vorrangig um gemeinsames Tanzen und Musik, aber auch das was uns verbindet und deswegen „All Human All Night“.
Zurück zum Thema Semesterticket: das ist eine spannende Neuerung an der Leuphana. Findest du, das ist ein unnötiges Extra oder eine wichtige Umstellung?
Wir haben uns mit anderen Universitäten in Niedersachsen zusammengeschlossen, um das Deutschlandticket zu erwerben. Ich persönlich finde das sehr sinnvoll, einfach weil viele Studierende bisher auf eine recht komplizierte Weise das Upgrade dazu kaufen mussten und das nicht mal besonders günstig war. Jetzt haben wir einen guten Tarif ausgehandelt, wobei Studierende 60 Prozent des eigentlichen Deutschlandtickets bezahlen. Das ist meiner Meinung nach sehr günstig und ermöglicht gleichzeitig Mobilität für alle. Natürlich ist dadurch der Semesterbeitrag gestiegen und das ist erstmal doof. Anderseits habe ich das Gefühl, dass die meisten Studierenden das Ticket früher oder später sowieso nutzen oder sonst für Mobilität privat mehr bezahlen. Deshalb denke ich auch, dass es sich auf jeden Fall im Zeitraum des Semesters für alle Studierenden lohnt. Außerdem finde ich es sehr cool, dass das Ticket endlich digital ist, weil wir an der Leuphana ja auch so ziemlich die Letzten mit Papierschnipsel waren.
Wir sind im Studiengebührenranking eine der teuersten Universitäten in Deutschland. Kannst du erklären, warum das so ist und gibt es jetzt schon Punkte, bei denen ihr sagt, hier könnte gespart werden?
Der größte Teil ist das Semesterticket. Der Beitrag für die Studierendenschaf beträgt 27,69 Euro. Aus diesem Betrag wird die gesamte studentische Selbstverwaltung finanziert, also alle Service-Betriebe, die der AStA die Studierenden bietet und auch die Referate, welche viele coole Veranstaltungen machen. So wird das Geld nur für Zwecke genutzt, von denen die Studierendenschaft profitiert und in Form von Angeboten und Veranstaltungen an die Studierenden „zurückgehen“. Das macht unseren AStA auch sehr besonders, da wir ein sehr breites Angebot an unterschiedlichen Stellen haben, durch die Studierende auch Unterstützung bekommen
Dazu kommt noch – was sehr Niedersachsen spezifisch ist – ein Verwaltungsbeitrag von 75 Euro. Dieser existiert so in anderen Bundesländern nicht. Uns und auch anderen Studierendenschaften in Niedersachsen ist bisher nicht ganz klar, wie dieses Geld verteilt wird. Wir zahlen dieses Geld an das Ministerium, die das dann wiederum neu verteilen an die Unis, aber wir als Studierendenschaft sehen davon nichts. Wir versuchen momentan niedersachsenweit eine Kampagne mit der LandesAstenKonferenz zu starten, damit wir diesen Verwaltungskostenbeitrag abschaffen können. Das würde den Semesterbeitrag wieder 75 Euro günstiger machen. Aber aus meiner Sicht sind diese 75 Euro einer der grundlegenden Faktoren, warum wir auch so viel mehr zahlen als Studierende an anderen Unis in Deutschland. Die genaue Aufschlüsselung findet man auf der Website des AStA.
Welche anderen Projekte stehen für euch im kommenden Jahr an?
Wir hatten letzte Woche eine Art Klausurtagung – wir haben es „Voyage“ genannt, weil wir das schöner fanden – um zusammenzukommen und zu überlegen, welche großen Projekte wir noch angehen wollen. Wir haben viele Projekte, die fortlaufen, wozu auch die ganzen Events gehören, die wir machen, aber auch repräsentative Arbeit innerhalb der Uni und vieles mehr. Wir wollen aber auch eigene Projekte dieses Jahr starten und haben dann im Rahmen der „Voyage“ ein wenig überlegt. Wir haben das Wochenende genutzt, um Ideen zu sammeln, was Projekte sein könnten, die die Studierendenschaft möchte und bräuchte, um besser zu funktionieren und mehr Möglichkeiten zu haben.
Du darfst aber noch keine konkreten Teaser geben, worauf wir uns freuen dürfen?
Doch, einen könnte ich schon geben. Wir wollen besonders das Ehrenamt in Lüneburg und an der Uni weiter stärken. Dabei versuchen wir, neue Konzepte zu entwickeln, um sicherzustellen, dass das funktioniert. Hier geht es besonders um das Thema „People Power“: Wie bekommen wir mehr Menschen motiviert, aber auch politisiert?
Ein zweites Projekt, das uns am Herzen liegt, und wo wir von anderen Unis wissen, dass es schon funktioniert, sind Kredite für Studierende. Aufgrund der finanziellen Situation von Studierenden ist uns klar, dass einige Kredite bräuchten und es sinnvoll wäre, sich Geld zu leihen, aber das leider nicht mit Hilfe ihres sozialen Umfelds tun können. Hier kämen wir ins Spiel und würden Studierenden Geld leihen. Besonders seit COVID und seitdem das Leben immer teurer wird, wollen wir Studierende unterstützen, die nicht genügend Unterstützung erhalten. Hier sehen wir eine Möglichkeit, einige von unseren Studierenden zu entlasten. Das ist noch in der Ausarbeitung, aber ein kleiner Ausblick auf das, was noch kommen könnte.
Der erste Teaser passt gut zum Thema Ehrenamt: Was würdest du Studierenden, die gerade wieder neu in den Unialltag eintauchen, empfehlen, um erfolgreich ehrenamtlich aktiv zu werden?
Man lernt sehr viel in seinem Studium, was Inhalte und Methoden angeht. Ich glaube aber, dass ich viele von den Dingen, die ich für das Leben gelernt habe, in meinen ehrenamtlichen Tätigkeiten wahrgenommen habe. In der Zentralen Studienkommission und beim Klimaentscheid habe ich gelernt, wie politische Prozesse ablaufen und wie man sich einbringen kann. Da habe ich mich selbst wirksam gefühlt und das war eine bereichernde Erfahrung. Während man im Studium viel lernt, wie genau Prozesse funktionieren, ermöglicht das Ehrenamt auch Dinge anzustoßen und umzusetzen. Für mich war das eine riesige Motivation.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass das am Anfang alles Skepsis mit sich zieht. Auch vor meinem Start als AStA-Sprecher hatte ich Respekt davor und habe auch mehrere Tage gedacht: „Ich weiß gar nicht, ob ich das alles kann“. Ich glaube aber in den meisten Fällen, wenn man schon darüber nachdenkt, dann ist man auch dafür bereit und dann klappt das auch. Außerdem hat man hier immer tolle Menschen um sich herum und es bringt auch einfach Spaß – Das ist das Allerwichtigste. Und dass man sich nicht von den ersten Sessions abschrecken lässt, wenn man nicht ganz mitkommt und nicht alles versteht, denn das gehört bei jedem Neuanfang dazu. In der Regel wird man sehr lieb aufgenommen, sodass man gut ankommen kann. Das ist zumindest meine bisherige persönliche Erfahrung gewesen.
Was sind auf der anderen Seite Herausforderungen, die in der Zukunft anstehen? Gibt es Themen, die dir Sorgen bereiten?
Ein Thema, das uns sehr beschäftigt, ist der Rechtsruck. Ich glaube, in den kommenden ein bis zwei Jahren wird sich in Lüneburg vielleicht nicht so viel merkbar verändern, aber das sieht für die Zeit danach vielleicht schon wieder ganz anders aus.
Was das Thema Finanzierung angeht, wird sich in den drei Bundesländern, in denen die Wahlen waren, einiges verändern. Da mache ich mir schon Sorgen. Auch wenn ich denke, dass in Lüneburg und Niedersachsen selbst eine geringere Gefahr besteht und wir uns in der einzigartigen Situation befinden, dass noch eine linke Bubble existiert.
Gleichzeitig sind wir auch im Netzwerk gegen Rechts in Lüneburg und haben festgestellt, dass in und um Lüneburg ebenfalls ein Rechtsruck stattfindet, was vielleicht hier an der Leuphana nicht so ankommt. Besonders in den Regionen um Lüneburg gibt es eine Hochburg für Rechtsextreme und Neonazis. Damit umzugehen und den Konflikt einerseits zu suchen und Lösungen zu finden, aber andererseits auch Visionen zu schaffen, damit alle Studierenden und alle Menschen in Lüneburg andere Ideen und Weltbilder wählen können, ist, glaube ich, sehr wichtig.
Sonst gibt es viele Herausforderungen im Umgang mit der Universität. Das sind strukturelle Herausforderungen, bei denen es nicht nur um die Studierenden geht. Beispielsweise das generelle Thema „Awareness“ ist immer noch nicht komplett durchgedrungen. Hier sind wir in der Verantwortung, Forderungen zu stellen und Veränderungen voranzutreiben.
Gibt es noch etwas, was dir wichtig wäre zu erwähnen?
Ich spreche das mal in „du“-Form, damit die Leute wissen, dass sie direkt angesprochen sind. Falls du Bock hast, dich ehrenamtlich zu engagieren, bist du beim AStA einerseits herzlich willkommen und andererseits auch wirklich sehr gut aufgehoben. Es ist sehr cool, beim AStA tätig zu sein, weil wir die Möglichkeit haben, politische Bildung zu betreiben, aber auch viele andere Möglichkeiten etwas zu organisieren, was in der Form anderen Initiativen eventuell nicht möglich ist. Studentische Gelder sind so verteilt, dass auch die Referate beispielsweise eigene Spielräume für ihr Handwerk haben und selbst entscheiden können, wie sie sich organisieren. Der AStA ist ein unglaublich cooler Ort mit vielen lieben Menschen und wir würden uns riesig freuen, falls du auch dazu oder vorbei kommst. Im Endeffekt lebt eine Studierendenschaft davon, dass ihre Studis aktiv sind. Wenn das nicht der Fall ist, gibt es auch weniger Angebote für die Studierendenschaft. Wenn du also Lust hast auf coole Events und Angebote und daran teilzunehmen, das ist es auch gut, wenn du dich selbst engagierst und beteiligst.
Achso, und darf ich meinen „random fact“ zu Anfang doch nochmal ändern?
Na klar.
Mate und Lasagne ist ne‘ geile Kombi.
Foto: Hannah Spittler