A Summer’s Tale 2019 – Warum das Festival anders und besser ist

Bereits zum fünften Mal in Folge fand das A Summer’s Tale (AST) Festival in Luhmühlen bei Lüneburg statt. Dabei unterscheidet sich das Festival von vielen anderen Festivals, die man sonst so kennt. Warum das so ist, könnt ihr in unserem Erlebnisbericht 2019 – Unser Review nachlesen.

Wie bereits im letzten Jahr waren wir wieder beim A Summer’s Tale Festival Anfang August in Luhmühlen unterwegs. Dieses Jahr waren wieder rund 12.000 Besucher von Donnerstag bis Sonntag beim fünften AST Festival dabei, dabei gab es gegenüber dem Vorjahr zahlreiche Änderungen. So wurde der Zeitraum von Mittwoch bis Samstag auf Donnerstag bis Sonntag verlegt und ein Langschläfer Camping eingeführt.

Hier erstmal ein paar knallharte Fakten über das Festival: Spieldauer der Musik: über 35 Stunden, Workshopdauer: über 240 Stunden, Talks & Vorträge: über 11 Stunden, Lesungen & Performances: über 31 Stunden, Programm und Spiel für Kinder: über 59 Stunden, Foodstände: 35 Stück, Getränkestände: neun Stück.

Festivalgelände: 69.000 m² – gesamte Fläche inklusive Camping und Parkplatz: 199.000 m². Anzahl der Komposttoiletten: 48, Anzahl wassergespülter Toiletten: 130, Anzahl Duschen: 70, zusätzliche mobile Toiletten: 24, Mülltonnen 223.

Und zu guter Letzt – rund 2.000 Mitarbeiter*innen, die das alles ermöglicht haben.

Was ist das A Summer’s Tale für ein Festival?

Eigentlich ist der Begriff eines Festivals nicht der richtige, um das AST korrekt zu beschreiben. Wenn wir an die anderen Festivals denken, dann fallen uns Partys auf dem Campingplatz, große Konzertbühnen, Alkohol und Spaß, und schließlich riesige Müllberge ein – aber das AST ist mehr als ein klassisches Festival. Es zeichnet sich durch seine Workshops, seinen grünen Charakter, die Entspannungsmöglichkeiten, vielfältiges Programm, Musik von modern bis alt, Nachhaltigkeit und Kooperationen mit NGOs und der Wissenschaft aus. Es ist also ein Event, bei dem über den Tellerrand geschaut wird und es Möglichkeiten gibt, sich fortzubilden und Neues zu erleben. Dichtes Gedränge an den Bühnen sind ein Fremdwort, keine Hektik. Die Festivalbesucher*innen sind sehr entspannt und neugierig.

Was kann ich dort erleben?

Die Angebote sind zahlreich, für einige Veranstaltungen musste man sich vorher online anmelden. Jedoch gab es auch die Möglichkeit, vor Ort dennoch teilzunehmen, wenn Leute ihre Reservierungen nicht wahrgenommen haben. Einen gewissen Prozentsatz an Plätzen vergeben die Veranstalter*innen immer frei. Bei einigen Workshops erhöhte sich außerdem die geplante Zahl von 30 Teilnehmern auf 50, sodass vielen die Teilnahme doch noch ermöglicht wurde. Sich frühzeitig anzustellen, lohnte sich dennoch.

Beispielsweise wurde ein Seedbombs-Workshop mehrmals während des A Summer’s Tale angeboten. Dabei lernten Teilnehmer innerhalb von 15 Minuten, wie Seedbombs (Samenbomben) hergestellt werden und was es bei der späteren Aussaat zu beachten gilt. Angeleitet wurde das Ganze von Anna und Julius von der Seedball Manufaktur. Am Ende konnten die rund 40 Personen ihre fünf bis acht Seedballs mitnehmen und künftig einsetzen. Dabei betonten die Verantwortlichen besonders, die Samen nicht in die Heide zu werfen.

Aber auch kulinarisch ging es bei dem Hot-Shots Workshop in der Probierei heiß her. Dabei stand die Produktion von Vitamin-Boostern bestehend aus verschiedenem Obst und Gemüse im Vordergrund. Mit einem Entsafter und Mixer wurden drei verschiedene Drinks mit den 30 Teilnehmer*innen produziert und gegenseitig verköstigt. Zuvor legte die Workshopleiterin Nina vom Hamburger Herdgeflüster besonderen Wert darauf, dass alle Teilnehmer*innen ihre Hände waschen. Ihr Team aus Dirk, dem Chef-Assistenten, und Nickel, der Assistentin des Assistenten, ergänzte Sie und unter genauer Anleitung wurden die Drinks produziert.

Zeit zum Nachdenken

Mehrere Stände sorgten dafür, dass die Festivalbesucher*innen zum Nachdenken – insbesondere in Richtung Nachhaltigkeit – angeregt wurden. In dem „Wissenszelt“ fanden verschiedene Vorträge und Diskussionen statt. Darunter ein Workshop von Heiner Holzhüter, Pilot bei der Deutschen Lufthansa und Coach. Thema: „Entscheide dich. Richtig.“ Zunächst gab es eine Einführung in die Verhaltenspsychologie mit Schwerpunkt auf Entscheidungen, die  Holzhüter durch Interaktivität mit Menti-Umfragen auflockerte, an denen die Teilnehmer*innen mittels Smartphone teilnahmen. Danach ging es weiter mit einem Selbsttest bestehend aus 14 Fragen. Dabei kam heraus, dass von den rund 80 Teilnehmer*innen 45 % eher ein Mischtyp, weitere 45 % genügsam und nur 10 % sogenannte Entscheidungsmaximierer sind.

Zahlreiche NGO’s

Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich die Anzahl der NGO’s auf dem AST deutlich erhöht, dabei erhielt das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, einen sehr großen Stand mit zahlreichen Angeboten. So waren eine Slackline, eine Glitzerstation zum Schminken, Schlauchboote, Wikingerschach, Spike-Ball und einiges mehr aufgebaut. Mehrmals am Tag fand das „Theater der 10.000“ statt. Hierbei setzten die Teilnehmer*innen Funk-Kopfhörer auf und wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Über das Radio kamen Anweisungen, wie sie sich verhalten sollen und welche Aktionen durchzuführen sind.

Neben UNICEF war auch wieder der WWF dabei, der sich dieses Jahr auf vier Themen spezialisierte: Die vergessenen Arten, der Tiger, das Nashorn und der Elefant. Daneben gab es ein Memory-Spiel, in dem Alltagsgegenstände zuzuordnen waren, die teilweise oder vollständig einen tierischen Ursprung haben. Den zahlreichen Freiwilligen, die dort am Stand tätig waren, war es sehr wichtig, mit den Besucher*innen in den Dialog zu treten. Kinder hatten die Möglichkeit, eine Wand mit Silhouetten von Elefanten, Nashörnern und Tigern zu bemalen.

Weitere NGOs waren vor Ort: Land der Tiere, PETA 2, Fridays for Future aus Hamburg, Greenpeace, Stop Finning, Blauer Engel sowie Viva con Agua.

Gelebte Nachhaltigkeit

Das Thema der Nachhaltigkeit wurde oft diskutiert und vermittelt. Vollständig setzten es die Veranstalter allerdings nicht ganz um. So gab es zwar Mehrwegbecher oder bei einigen Ständen auch nachhaltige Verpackungen, aber Plastik-Löffel oder Einweg-Verpackungen waren nicht komplett zu vermeiden. Der Strom wurde mit zahlreichen Diesel-Stromgeneratoren erzeugt. Ob diese auch mit Bio-Diesel betrieben werden, ist nicht näher bekannt. Der Strom, den die Veranstalter vor  Ort bezogen, war nach offiziellen Angaben des Ökostrom. Etwa alle zehn Meter gab es eine Mülltonne, in der alles gesammelt wurde. Der Veranstalter führte bei den zahlreichen Gastro-Ständen auch Müllkontrollen durch, dass alles richtig getrennt wird. Später waren auf dem Recyclinghof allerdings mehrere Container für die Sortierung nach Abfall-Art zu sehen.

Insgesamt fiel auf, dass kein Müll auf dem Boden lag – sei es auf dem Festival-Gelände oder auf dem Camping-Platz. Und: Mülleimer wurden regelmäßig geleert. Gutes tun, das war auch mit Viva con Agua möglich, indem man seinen Pfand spendete. Aber auch, indem Festivalbesucher*innen die zu viel mitgebrachten Lebensmittel mittels Foodsharing anderen zugute kommen ließen. Insgesamt waren jedoch keine Szenen wie auf anderen Festivals zu sehen, wo komplette Einrichtungsgegenstände wie Sofas oder Kühlschränke auf dem Gelände verbleiben.

Auch wenn auf dem Parkplatz einige wenige Elektro-Autos zu sehen waren, so gab es keine Ladesäule für diese. Die nächst gelegene Ladesäule lag in Salzhausen, rund vier Kilometer entfernt.

Am Ende des Festivals ab Montag 10 Uhr konnten die Besucher*innen Teile der Dekoration aus Blumen oder Vlies-Banner mitnehmen.

Krams und Kommerz

Geld konnten die Festivalwütigen auf die eine und andere Weise loswerden: So gab es einen Design Markt mit circa zwölf lokalen Shops aus der DIY-Szene, die Taschen, Schmuck, Kleidung oder auch Poster verkauften. Als Partner des Festivals waren wieder Unternehmen, wie ein Tabakhersteller oder ein Alkoholhersteller, vor Ort, bei denen fraglich ist, ob dies wirklich zum Konzept des Festivals passt. Ansonsten wurde das Festival durch verschiedene Getränkehersteller, Partner und Kooperationen ermöglicht, die auch ihre Präsenzen vor Ort hatten. An einem Stand für Füllfederhalter war es möglich, eigene Klebe-Tattoos zu produzieren, seinen individuellen Füllfederhalter mit Farbgebung und AST-Logo und schließlich an jede Künstler*in eine Postkarte zu schreiben, die im Rahmen des Festivals übergeben wurde. Aber auch das Versenden von Postkarten an Freunde war kostenlos möglich. Schließlich war ein Spielekonsolenanbieter anwesend, um seine Spielekonsolen und Games zu präsentieren.

Reichlich Musik 

Neben dem ganzen Angebot gab es natürlich Musik auf den Bühnen. Hierbei spielte der gute Mix zwischen den unterschiedlichen Richtungen, der Regionalität und Internationalität eine große Rolle. Primär geht es beim AST-Festival nicht unbedingt um die Musik, sie ist vielmehr das spät nachmittägliche und abendliche Spektakel.

Insgesamt war das Line-Up gerade mit ZAZ, Elbow, Suede, Michael Kiwanuka, Tina Disco, Maximo Park, Kate Nash, Kettcar, Faber, Lee Fields & The Expressions, The Charlatans, Die Höchste Eisenbahn, Mogli, Faber, Wingengelder und Xavier Rudd für viele sicherlich attraktiver als im Vorjahr. Dermot Kennedy fiel kurzfristig aus, dafür kam wieder Kettcar vorbei. Kettcar freute sich während ihres Auftrittes darüber, wieder dabei zu sein.

Das Programm ergänzten abends verschiedene DJs-Sets, mit Musik bis 4 Uhr morgens.

Sprungbrett für junge Künstler*innen

Erstmals gab es für Nachwuchskünstler*innen die Möglichkeit, sich vor dem AST Publikum zu präsentieren. Dazu führten die Veranstalter ein neues Open Stage Sprungbrett ein. Dabei war es egal, ob Songs gespielt, ein Theaterstück aufgeführt, eigene Texte vorgelesen oder Stand-Up-Comedy gezeigt wurde. Getreu dem Motto „The state is yours!“ waren hier nahezu keine Grenzen gesetzt, etwas Neues zu präsentieren. Hier wurden neun Performances aufgeführt.

Kulinarisches Angebot ist gesichert

Wer sein eigenes Essen für das Camping mitgebracht hatte, war klar im Vorteil. Ansonsten war das Angebot klar regional ausgerichtet, doch auch überregional war alles vertreten. Die regionalen Stände oder die Food Trucks sorgten für einen eigenen Flair, vegetarische oder vegane Küche gab es ebenso. Insbesondere boten Stände Exotisches wie Strauß-Spezialitäten, Lachs-Döner, Käse-Döner oder verschiedene Käse-Spezialitäten an. Burgerbuden waren mehrfach vertreten sowie moderne Food-Kreationen. Besonders viele Besucher*innen interessierte jedoch die Quarkerei mit ihrem Frozen Quark.

Kinder kannste jetzt auch mitbringen

Gerade das Angebot für die Kinder wurde im Vergleich zum Vorjahr ungefähr um das doppelte ausgebaut. So gab es eine wesentlich größere Fläche, mehr Attraktionen, mehr Workshops, mehr Malerei, mehr Wasserspiele, mehr Spielsachen und mehr Spielkamerad*innen. Spezielle Toiletten inklusive Wickelmöglichkeiten standen zur Verfügung. Kleinere günstigere Essenportionen sowie Getränke nur für Kinder gab es. Insbesondere war es schön zu sehen, wenn Eltern gemeinsam mit ihren Kindern an den Musikkonzerten teilgenommen haben: mit Kind inklusive Ohrschützern auf den Schultern.

Festival App und Social Media

Eine deutliche Verbesserung im Gegensatz zum Vorjahr gab es hinsichtlich der Netzversorgung durch die Mobilfunkbetreiber. Nun endlich war auch LTE und 3G in Luhmühlen verfügbar. Das war vor allem für die A Summers Tale App praktisch, die alle Informationen, den Zeitplan und Unwetterwarnungen enthielt. Zusätzlich gab es die Orientierungsfunktion mit der Karte und dem aktuellen Standort. Schließlich war das Social-Media-Team des AST die deutlich aktiver, Posten mehr Beiträgen und Fotos als das letzte Jahr und beantworteten  Fragen. Dabei spielte der Instagram-Kanal die größte Rolle.

Veränderungen zum letzten Jahr

Zusammengefasst lässt sich zum AST 2018 sagen, dass das Gelände dem vom letzten Jahr ähnelte, jedoch fehlte das riesige Festzelt für die rund 3.000 Personen. Das Sprungbrett ermöglichte Nachwuchskünstler*innen einem breiteren Publikum bekannter zu werden. Es gab deutlich mehr Dekoration, was das Gelände wunderbar verschönerte.

Stimmt der Preis?

Für die gastronomischen Angebote wird der übliche Festival-Preis verlangt (fritz-cola 0,33 für 3,50 Euro, Viva con Agua 0,4 für 3,50 Euro, Bier 0,4 für 4,50 Euro, Longdrink 7,50 Euro, Cocktail 8 Euro, Wein 0,2 für 5-6,50 Euro). Ein Burger kostete 7-8 Euro, Pommes 4 Euro, Frozen Quark Becher mittel 5 Euro.

Am meisten spart eine Besucher*in dementsprechend, wenn die Person beim Camping eigene Sachen mitbringt. Die Optionen beim Camping beschränken sich auf Standard und Komfort, letzteres auf Wunsch mit einem Stromanschluss für 80 Euro extra. Wohnmobile für 80 Euro ohne Strom und mit Strom 180 Euro. Für circa 174 Euro pro Person für die vier Tage inklusive Camping (ohne Camping 134 Euro) bot das Festival ein gutes Programm. Die Tagestickets mit rund 69 Euro waren da teuer, ein reines Musik-Tagesticket gab es für 49 Euro. Rabatte gibt es für Studierende und Auszubildende, ebenso gibt es Familien-Kombi-Rabatte. Parken kostete extra.

Fazit

Das A Summer’s Tale ist ideal für Jung und Alt geeignet, dabei gibt es genügend Rückzugsorte, um der Musik oder den Lesungen zu lauschen. Am besten ist es, die eigene Decke mitzubringen, um von Ort zu Ort ziehen zu können. Für die Leuphana Studierenden mag es sich ein wenig wie das lunatic-Festival anfühlen – nur für Erwachsene. Das Angebot an Workshops, Lesungen, Kabarett, Kunst, und vieles mehr sorgt für genügend Abwechslung. Die Konzentration auf die Wissenschaft und Nachhaltigkeit kommt an. Insgesamt auch ein sehr friedliches Festival, der Rettungsdienst hatte hauptsächlich Insektenstiche zu verarzten. Insbesondere eignet sich das Festival, um seine Kinder mitzunehmen.

Ob es ein AST 2020 geben wird, ist derzeit noch nicht bekannt. Es wundert, dass noch kein Vorverkauf für 2020 gestartet wurde. Im letzten Jahr war bereits wenige Tage nach dem AST der Verkauf für das Folgejahr gestartet. Nach Angaben des Veranstalters schreibt das Festivals noch keine schwarzen Zahlen. Die Besucheranzahl ist derzeit noch zu gering, obwohl das Festival genügend Platz bietet. So war zwar von 12.000-13.000 Gästen bzw. Kapazität die Rede, wie viele es am Ende jedoch waren, stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest.

Insgesamt lässt sich das Fazit ziehen, dass das Festival eine gute Mischung zwischen Workshops, Rahmenprogramm und Musik bietet. Es ist kurzgesagt das Festival für Erwachsene, die damals die Zeiten von Deichbrand, Hurricane, Wacken, Rock am Ring verpasst haben und nun neben der Musik auch noch den eigenen Horizont erweitern wollen durch neue Erfahrungen. Leider sind die Preise nicht unbedingt Kundenfreundlich. Kosten sparen lässt es sich als Selbstversorger auf dem Campingplatz.

Weitere Infos, auf der Homepage inkl. Rückblick.


Der Veranstalter hat uns kostenfreien Eintritt ermöglicht. Eine Genehmigung, Fotos der Konzerte zu erstellen, gab es für die Univativ nicht.

Fotos: Patrizia Jäger

Christopher Bohlens

Schreibt immer irgendwas über Hochschule, Politik oder Veranstaltungen, wo es so richtig kracht. Liebt investigativen Journalismus und beschäftigt sich viel mit Daten.

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